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» themen/demokratie/niedrige Wahlbeteiligung bei den StuPa-Wahlen 2005



Die Wahlbeteiligung an den StuPa-Wahlen 2005 war mit 7,3% äußerst gering. Im Vorjahr gingen knapp 3x so viele Studierende an die Urnen, allerdings gab es parallel zur StuPa-Wahl noch zwei Urabstimmungen: es wurde sowohl über den Erhalt des Semestertickets als auch über die Rücktrittsforderung des Rektors abgestimmt. In diesem Jahr gab es „nur“ die Wahlen zum Parlament, was das Interesse an den Wahlen mit Sicherheit verringert hat.

Zusätzlich gab es Probleme mit den Wahllokalen. Am Standort Neues Palais wechselte das Lokal innerhalb der drei Tage von einem Raum zum anderen, in Golm war es erstmalig nicht im Haus 14 mitten auf dem Campus zu finden, sondern im Haus 26. Das Haus 26 jedoch liegt hinter zwei Baustellen am Ende des Areals, so dass man nicht „nebenbei“ zwischen zwei Vorlesungen, auf dem Weg zur Mensa oder ins beliebte Lesecafé Wählen gehen konnte. Dies hat dazu geführt, dass viele Studierende anscheinend sich im Gegensatz zu den letzten Jahren entschlossen haben, sich gar nicht an der Wahl zu beteiligen.

Nichtsdestotrotz ist auch die neue studentische Interessensvertretung legitimiert wie alle anderen auch. Die Entscheidung, sich an der Wahl nicht zu beteiligen, ist ebenfalls eine Aussage. Neben den oben genannten Schwierigkeiten gibt es für NichtwählerInnen vielfältige Motive.

Zum einen bleibt man „aus Unwissenheit“ der Wahlurne fern, weil man sich schlichtweg mit der Materie nicht auskennt und nicht „ins Blaue hinein“ an einer politischen Wahl teilnehmen möchte. Zum anderen gibt es bei vielen Studierenden die Ansicht, dass das StuPa „sowieso nicht bewegen kann“. Abgesehen davon, dass dieser angebliche Zustand durch Nicht-Beteiligung nicht besser wird, so gilt es doch festzuhalten, dass in der Tat die Einflussmöglichkeiten der Studierendenschaft formal begrenzt sind. Die zentralen Fragen wie BAföG-Angelenheiten oder Studiengebühren werden nicht an der Uni entschieden. Für uni-interne Entscheidungen gibt es die professorale Mehrheit.

Allerdings kann hier eine aktive Studierendenschaft durch Gespräche mit Parteien und anderen Akteuren sowie durch öffentlichkeitswirksame Aktionen sehr gut Einfluss nehmen. Diese Einflussmöglichkeit steht und fällt mit der Zahl der Aktiven.

Im Bereich der Beratung der Studierenden, der Förderung kulturellen Engagements und individueller Projekte hat die Studierendenschaft durch ihre Finanzhoheit unabhängig von der „großen Politik“ einen weiten Entscheidungsspielraum.

Wenn nun dennoch die Frage aufkommt, wer die Studierenschaft überhaupt vertreten kann, so sollte man einen Blick über den Tellerrand hinaus werfen. Auf kommunaler Ebene werden Ortsvorsitzende häufig mit einer niedrigen Wahlbeteiligung gewählt, und niemand zieht ihre Legitimation in Zweifel. Außerdem gilt, dass die Wahlen zum Studierendenparlament nur einen einzigen politischen Aspekt betreffen: die Studierenden wählen die Liste, von der die denken, dass sie ihre hochschulpolitischen Interessen am besten vertreten können. Es geht somit nicht um Umweltpolitik, Strukturpolitik und Gesundheitspolitik zusammen. Es geht nur um Hochschulpolitik, auch wenn diese in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext eingebettet ist. Während man bei einer Landtagswahl die Stimme einer Partei „aus Tradition“ oder aufgrund des „Gesamteindrucks“ gibt, entscheidet bei den StuPa-Wahlen nur die Kompentenz in einem einzigen Bereich.

Modelle wie in Hessen sind absurd, in denen eine niedrige Wahlbeteiligung an Hochschulen die teilweise Streichung der Studierendenschaftsbeiträge zur Folge hat. Zum einen ist dies höchst undemokratisch, weil damit ein Anreiz zum Nicht-Wählen geschaffen wird – wer nicht wählt, bekommt Geld zurück -, zum anderen müssen wir auch nicht nur 70% unserer Steuern zahlen, weil die Wahlbeteiligung bei den Bundestagswahlen entsprechend ausfiel.

Solche Angriffe auf den Vertretungsanspruch der studentischen Gremien sind häufig politisch motiviert, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. In Hessen gibt es traditionell „linke“ ASten, von denen in regelmäßigen Abständen Streiks ausgehen, die sich mitunter bundesweit ausdehnen können. So geschehen etwa 1997/98 („Lucky Streik“) oder 2003/04. Im konservativen Baden-Württemberg und Bayern sind Studierendenschaften mit eigener Finanzhoheit gar gesetzlich verboten.

Fazit: Auch trotz geringer Wahlbeteiligung kann sich der nächste AStA als ausreichend legitimiert ansehen und sollte allen ZweiflerInnen entschieden entgegentreten. Aber es heißt auch, dass alle sich vor der nächsten Wahl noch stärker bemühen müssen, die Studierenden zum Urnengang zu bewegen.

Arne Karrasch  [8. Juli 2005]

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