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» aktuelles/Männlich dominantes Redeverhalten erkennen und verhindern!



In vielen Seminaren und Debatten an der Uni und darüber hinaus sind es Männer, die den Ton angeben, die Diskussion bestimmen und andere nicht zu Wort kommen lassen. Strukturelle Ungleichheitsverhältnisse zwischen Männern und Frauen werden hier produziert und vielfach reproduziert. Das betrifft nicht allein die Auswahl von ReferentInnen, sondern auch das dominante Gesprächsverhalten einiger Anwesender, oft Männer. Wie kann männlich dominantes Redeverhalten erkannt und vermieden werden?

Kennzeichnend sind Handlungen, durch die andere Menschen – zumeist Frauen oder andere nicht männliche Geschlechter – angegriffen und in ihren Freiräumen begrenzt werden. Beim Sprechen anderer TeilnehmerInnen gehört dazu vor allem das Unterbrechen oder Disqualifizieren von Redebeiträgen. Beim eigenen Sprechen gehört dazu vor allem das explizite Beleidigen oder Herabsetzen anderer. Mit aggressiven Ton werden unliebsame Stimmen zum Schweigen gebracht und darüber hinaus Räume für diejenigen geschlossen, die nicht die Souveränität besitzen, dem selbstbewusst entgegen zu treten.

Die weniger auffälligen und daher bevorzugten Praktiken zur Demonstration männlicher Dominanz sind z.B. der dozierende Ton und die ausufernde Länge. Inhaltlich zeichnen sich solche Beiträge meist dadurch aus, dass in ihnen immer wieder Sätze auftauchen, die die eigene Kompetenz demonstrieren sollen. Männliche Wissenschaftlichkeit und Checkertum werden so immer wieder zur Schau gestellt. Vor diesem Hintergrund wird die eigene Meinung zur objektiven allgemeingültigen gemacht und vor Widersprüchen oder Nachfragen geschützt. Ebenso sind Belehrungen anderer ein beliebtes Mittel der Selbstinszenierung.

Die Moderation kann solche Praktiken nur begrenzt verhindern. Die Verantwortung liegt bei allen Beteiligten und vor allem bei den SprecherInnen selbst, z.B. indem sich Männer mit ihrer eigenen Männlichkeit und den dazugehörigen Praktiken kritisch auseinandersetzen sowie sich selbst in Diskussionen zurückstellen und ModeratorInnen strukturelle Herrschaftsverhältnisse in Diskussionen vorab benennen und bei entsprechenden Vorfällen reagieren.

Hilfreich können außerdem quotierte Redelisten sein. Diese ermöglichen eine Partizipation von Frauen in Diskussionen, ersparen Kämpfe ums Rederecht, wirken Männerdominanz in Gruppen und Diskussionen entgegen und ermöglichen Frauen mehr Raum und Handlungsoptionen. Neben dieser eher individuellen Förderung von Frauen geht es bei Quotierungsmaßnahmen auch um die Widerspiegelung der Heterogenität in der Diskussion und Bearbeitung von Themen. Sicherlich kann beispielsweise durch eine quotierte Redeliste allein keine Atmosphäre der zwangslosen, gleichberechtigten Kommunikation entstehen. Quotierung kann aber dazu beitragen, tradierte Strukturen aufzubrechen, indem durch sie Raum für die Problematisierung dieser Strukturen geschaffen wird. Nachdem die quotierte Redeliste neben anderen Quotierungsmaßnahmen in den achtziger Jahren vor allem von den Grünen auf allen Ebenen eingeführt wurde, wird sie heute leider fast ausschließlich in linken Kreisen angewendet. So erschwert männlich dominantes Redeverhalten Frauen und anderen Geschlechtern weiterhin die Teilnahme an gestalterischen politischen Prozessen.

Text teilweise übernommen und abgewandelt von der A.G. Gender-Killer

Links:

frauensprache.com (zu männlichem Redeverhalten, geschlechtsneutralen Formulierungen und kritischer Linguistik)

Über die Notwendikeit des (geschlechter)gerechten Ausdrucks

UNESCO-Richtlinien für einen nicht-sexistischen Sprachgebrauch

Literaturhinweise:

Senta Trömel-Plötz: „Gewalt durch Sprache“ – Die Vergewaltigung von Frauen in Gesprächen.

Ein kompromissloses Buch, das die alltägliche Unterdrückung von Frauen in Gesprächen aufzeigt. Der Band enthält Arbeiten amerikanischer und deutscher Forscherinnen über die krasse Benachteiligung von Frauen in unterschiedlichen Gesprächssituationen, aber auch die Möglichkeit, Abwehr- und Verteidigungsstrategien zu entwickeln. Bald im Feministischen Archiv im konte[:x]t!

Luise F. Pusch: „Das Deutsche als Männersprache“ – Aufsätze und Glossen zur feministischen Linguistik.

Luise F. Pusch entlarvt in ihrer Aufsatzsammlung die Geschichte und Struktur der Sprachen als Männergeschichte und Männerstruktur. Sprachen als Bauwerke, von Männern errichtet, damit Männer sich darin wohl fühlen. In ihrem streitbaren und anregenden Buch dokumentiert sie überdies die sprachkritische, sprachschöpferische und sprachpolitische Arbeit der Frauen.

Anne Friebel  [19. Oktober 2006]

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