Logo

» themen/demokratie/Parknutzung ohne Sorgen



Sorge bereitet uns, dass es in der gesamten Geschichte des Parks Sanssouci noch nie solch’ drastische Einschränkungen der öffentlichen Nutzung gab. Ein Ort der Erholung, des Spiels, der Freude, der kulturellen Veranstaltungen und der kulturellen Erlebnisse wird zum Museum mit rigiden Vorschriften, in dem nur noch Spazierengehen möglich ist. Der Park dient nicht mehr dazu, wofür er geschaffen wurde, sondern nur noch der Erinnerung daran.

Die Initiative „Parktag“ bemüht sich daher um eine weitgehende Berücksichtigung der Wünsche und Bedürfnisse der Menschen zur Nutzung der Potsdamer Parkanlagen. Hierzu wurde bereits ein Forum „Parktag“ mit reger Beteiligung der Bevölkerung gestaltet. Bisher haben auch schon mehr als 5.000 Bürgerinnen und Bürger in diesem Sinne für erste Veränderungen unterschrieben.

Potsdam wird entscheidend durch seine innerstädtischen Parkanlagen geprägt, die als historische Anlagen unter Denkmalschutz stehen und zum Weltkulturerbe gehören. Es handelt sich überwiegend um nicht-homogene Gesamtanlagen, sondern – besonders beim Park von Sanssouci – um heterogene Teile aus unterschiedlichen Zeiten, die immer wieder verändert und unterschiedlich genutzt wurden.

Seit 1918 stehen sie uneingeschränkt der gesamten Bevölkerung offen, die sie in vielfältiger Weise nutzt (Spaziergang, Erholung, Picknick, Spiele, Baden, Schlittschuhlaufen, Schlittenfahren etc.). Viele Wege durch den Park sind wichtige Verbindungen zwischen den Stadtteilen und müssen deshalb von FußgängInnen und RadfahrerInnen genutzt werden.

Besonders seit die Parkanlagen den Status „Weltkulturerbe“ erhalten haben, treten erhebliche Meinungsverschiedenheiten über die Nutzung zwischen der Schlösserstiftung und weiten Teilen der Bevölkerung auf. Die Stiftung sieht die Parks eher als flächenhaftes Museum, das erhalten und geschützt werden müsse, und viel zu wenig als öffentlichen Lebensraum. Zu diesem Zwecke werden die bisher mannigfaltigen Nutzungen stark zurückgedrängt, u.a. durch eine extrem rigide Parkordnung, durch viele ParkwächterInnen und durch Bußgelder bei Verstößen gegen die Parkordnung. Selbst das Fahrradschieben wird auf fast allen Wegen geahndet. Bestrafen wird als „erzieherische Maßnahme“ betrachtet. Damit wird auch die der Stiftung gesetzlich vorgeschriebene Aufgabe missachtet, den Park als Erholungsgebiet zu erhalten.

Von der Bevölkerung wird diese Entwicklung überwiegend sehr kritisch gesehen. Es kommt auch zu erheblichen Konflikten bis hin zu Handgreiflichkeiten. Nur in wenigen Fällen wurden Verbote zurückgenommen. Nicht zuletzt TouristInnen lehnen die Vorschriften und ihre gelegentlich fast schon militante Durchsetzung an, wie Befragungen und Leserbriefe zeigen. Für Familien (auch Touristen) mit Kindern und Jugendlichen ist der Park Sanssouci weitgehend unattraktiv geworden. Er wird kaum noch genutzt, weil Kinder und Jugendliche sich nicht mehr altersgerecht bewegen können. Eine Konzeption, die wesentliche Besuchergruppen tendenziell ausschließt, wird zu Recht als „steinzeitliche Museumspädagogik“ bezeichnet.

Dazu unsere Vorschläge:

– Entscheidend für die Nutzung sollten nicht nur die Vorstellungen des Stiftungsrates

sein, sondern es müssen auch die Wünsche und Bedürfnisse der EinwohnerInnen und TouristInnen berücksichtigt werden.

– Die Nutzung und Entwicklung der durch Steuergelder finanzierten Parkanlagen muss öffentlich unter Beteiligung der Betroffenen diskutiert und entschieden werden. Entscheidungen durch den demokratisch nur mittelbar legitimierten Stiftungsvorstand, „abgenickt“ vom Stiftungsrat, können diesen Anspruch nicht erfüllen.

– Die Gremien der Stiftung sollten um „sachkundige BürgerInnen“ und ExpertenInnen aus weiteren Fachrichtungen als bisher ergänzt werden.

– Die Parkanlagen sind integraler Teil der Stadt Potsdam, daher müssen die gewählten VertreterInnen der Stadt mitentscheiden dürfen. „Exterritoriale Gebiete“ darf es nicht geben!

– Auch innerhalb der Parks müssen die Bedürfnisse der Potsdamerinnen und Potsdamer nach kurzen und gefahrlosen, kinder- und behindertenfreundlichen Fuß- und Radwegeverbindungen zwischen den Stadtteilen berücksichtigt werden.

– Statt nur zu konservieren, sollte kulturhistorisches Erleben wieder möglich werden.

– Mehr Raum für Entspannung und Erholung durch mehr Bänke, Liege- und Picknickbereiche, Spielmöglichkeiten für Kinder etc. Das würde Besuche von Familien mit Kindern jenseits des Kinderwagenalters erheblich erleichtern, weil diese ohne jene Möglichkeiten nicht für das Kulturerlebnis „Park“ zu gewinnen sind. Auch Erwachsene benötigen Erholungsmöglichkeiten, wozu die Parkanlagen ursprünglich auch gedacht waren. Zusätzlich sind mehr Bewirtungsmöglichkeiten sinnvoll.

– Die ParkwächterInnen sollten von OrdnungshüterInnen zu Besucher- und ParkbetreuerInnen fortgebildet werden.

Damit würden die Parkanlagen sehr viel attraktiver für Einheimische und TouristInnen. Zusätzlich wären die Anlagen auch in ihren vielfältigen historischen Funktionen besser zu begreifen.

All dies steigerte die Bereitschaft vieler Menschen zur Unterstützung der Schlösser und Gärten. Durch ein positives Erlebnis der Parkanlagen könnten auch viele Kinder spielerisch an Natur, Kultur und Geschichte herangeführt werden, statt sie durch Verbote abzuschrecken. Auch die Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten trüge so dazu bei, den Ruf Potsdams als kinderfreundliche Stadt zu steigern und andererseits die hohe Verkehrsgefährdung für Kinder in Potsdam zu reduzieren.

Miteinander müssten wir uns um die Zukunft der Schlösser und Gärten viel weniger Sorgen machen.

Übrigens: Selbst der „Alte Fritz“ würde heute für sein Querflötenspiel im Park bestraft werden.

Potsdam, im Januar 2009: Für die Bürgerinitiative „Parktag“ und den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Universität Potsdam:

Andreas Schlüter.

Weiterführende Literatur, etc.:

– Neues Potsdamer Toleranzedikt

– www.parkblog.de

– Programm des Kinder- und Jugendcircuses Montelino Potsdam e.V.

– Leserbrief in PNN und MAZ

Andreas Schlüter  [25. Januar 2009]

« zurück zur letzen Seite | zum Seitenanfang