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» themen/internationales/Jahresrechenschaftsbericht des Referats für ausländische Studierende



Nun werde ich Rechenschaft ablegen über 10 Monate Arbeit im Allgemeinen Studierendenausschuss. Oft schon habt ihr RSBs von mir über kürzere Zeiträume erhalten. Ich werde darum versuchen mich nicht zu sehr zu wiederholen und meine Aktivitäten allgemeiner zu reflektieren, sowie einen Ausblick zu geben, wie die Arbeit in diesem Referat meiner Meinnung nach fortgeführt werden könnte bzw. müsste.

Diese Legislatur wurde von einem mehrheitlich jungen, teils unerfahrenen AStA-Kollektiv bestritten, das dazu noch mit mehreren Referatswechseln konfrontiert wurde. Diese Herausforderungen haben wir meiner Ansicht nach gut gemeistert. Ich füllte seit Beginn der Legislatur mein Amt aus und fand mich – auch dank der Einarbeitung durch meinen Vorgänger und der Erfahrung aus anderen politischen Zusammenhängen – schnell in den Arbeitsabläufen und Aufgaben des AStA zurecht. Im Handumdrehen wurde allerdings klar, dass ich von den ambitionierten Vorhaben meines Bewerbungsschreiben abrücken muss und nur Schwerpunkte setzen kann. Über diese möchte ich euch an dieser Stelle noch einmal zusammenfassend berichten.

Beratung und Hilfe für ausländische Studierende

Es zeigte sich, dass sehr viele ausländische Studierende dieses Angebot wahrnahmen und die meisten Fragen und Probleme zu lösen waren. Dabei ging es häufig um Anrechnung von Studienleistungen, Hilfe bei Ausfüllen von Anträgen, Schreiben von Widersprüchen, Aufklärung über Rechte ausländischer Studierender usw. Auch bei Verhandlungen mit der Ausländerbehörde – also Fragen des täglichen Lebens – konnte ich hilfreich sein. Wo ich mich machtlos fühlte, waren oft finanzielle Probleme. Der Sozialfonds des Studentenwerks sowie auch andere finanzielle Hilfseinrichtungen sind eben nicht unbegrenzt und helfen auch nur übergangsweise. In Zeiten der Finanzkrise haben vor allem ausländische Studierende es schwerer als ohnehin schon, einen Job zu finden. Wenn sie einen haben, handelt es sich meist um prekäre Beschäftigungsverhältnisse.

Als sehr positiv möchte ich an dieser Stelle die Zusammenarbeit mit dem Referat für Sozialpolitik im AStA betonen. Kurze Kommunikationswege und stetige Bereitschaft halfen viele Probleme zu lösen.

Ausländer_innenbeauftragte

Den Kampf um eine_n Ausländer_innenbeauftragte_n habe ich wie mein Vorgänger auf allen Ebenen geführt, gegenüber der Unileitung, dem Senat, aber auch in der Arbeitsgruppe, welche für die Erarbeitung der neuen Grundordnung verantwortlich ist. Leider hatte ich dabei keine Mitstreiter_innen.

Ich habe mich mehrmals mit Hilfegesuchen an die Integrationsbeauftragte des Landes sowie den Migrantenbeirat der Stadt Potsdam gewandt. Zumindest letzterer reagierte mit einem offenen Brief an die Unileitung, der unter anderem in der PNN veröffentlicht wurde.

Angesichts des Umstands, dass kleinere Hochschulen – d.h. mit weniger ausländsichen Angehörigen – in Brandenburg Ausländer_innenbeauftragte haben und dass die Uni in ihrem Leitbild immer wieder auf Internationalität pocht, halte ich die Streichung des Artikels zur_m Ausländer_innenbeauftragte_n aus der Grundordnung vorsichtig gesprochen für paradox. Die Wiedereinführung des Artikels sowie die Besetzung der Stelle waren darum Forderungen, die ich immer wieder in den öffentlichen Diskurs brachte. Der Kampf dafür ist auch weiterhin sinnvoll.

Studienkolleg

Eine weitere Baustelle, die sich schnell aufgetan hat, ist das Studienkolleg. Die Studierenden dort sind formal immatrikuliert an der Uni Potsdam, finden allerdings nicht halb so viel Beachtung, auch nicht seitens der Uni. Das zeigt sich schon der Standort in der Gutenbergstraße. Doch auch als dieser in diesem Jahr gefährdet schien, weil der Mietvertrag zum 30.August auslaufen sollte, beteiligte die Uni sich nicht an der Suche nach neuen Räumlichkeiten, außer durch die Aussage, dass an den Uni-Standorten auf keinen Fall Platz sei.

Dann sorgte auch noch das Ministerium in Verbindung mit den Hochschulrektor_innen Brandenburgs dafür, dass sich das Platzproblem quasi von selbst löst, indem es die Finanzierung des Studienkollegs über das kommende Wintersemester hinaus einstellte, konzeptlos, alternativlos. Doch dieser Kampf ist noch nicht verloren. Allerdings hat es schon und wird noch viel Arbeit kosten, Menschen von der Sinnhaftigkeit des Studienkollegs zu überzeugen bzw. den Akt seiner Schließung öffentlich als die rassistische Handlung, die es ist, zu demaskieren. Der Druck auf die kommende Landesregierung muss wachsen, sodass sie diesen Beschluss rückgängig machen müssen.

Vernetzung

Die Lebens- und Lernumstände von ausländischen Studierenden sind Themen, die deutsche Studierende – und das sind fast alle hochschulpolitisch Aktiven – kaum tangieren. Darum verharren die Probleme von ausländischen Studierenden für die meisten weiterhin in Bedeutungslosigkeit. Gerade bei diesen Ausgangsbedingungen war und ist es wichtig, sich Verbündete zu suchen, wenn mensch öffentlich Aufmerksamkeit und Druck für bestimmte Anliegen erzeugen möchte. Dies habe ich vor allen Dingen auf lokaler Ebene intensiv betrieben. So konnte ich ein recht gutes Netzwerk aus Kontakten zum Akademischen Auslandsamt, dem Migrant_innenbeirat der Stadt Potsdam, dem Studienkolleg, zur Integrationsbeauftragten des Landes Brandenburg und engagierten Einzelpersonen aufbauen.

Auf Bundesebene arbeitete ich vor allen Dingen mit dem Bundesverband ausländischer Studierender zusammen. Beim BAS besuchte ich unter anderem ein Seminar zu Integration ausländischer Studierender in die Fachschaftsarbeit. Anregungen daraus versuchte ich punktuell weiterzugeben. Eine Intensivierung dieser Bemühungen sowie die breite Bekanntmachung der sehr gut aufbereiteten best-practise-Broschüre des BAS stehen noch aus.

Diese Netzwerke sind eine wichtige Arbeitsgrundlage, die ich so gern an meine_n Nachfolger_in weitergeben werde.

Bemühungen zur Wiederbelebung des AKAS schlugen leider fehl. Die meisten in Frage kommenden Akteure waren einfach überlastet.

Das zeigte sich schon, als wir Ende 2008 versuchten, einen gemeinsamen Antrag an den DAAD zu schreiben, um Mittel aus dem Projektfonds Profin zu erhalten. Letztendlich arbeiteten das AAA und ich das Konzept und den Antrag aus. Diese trafen dann allerdings auf breite Unterstützung. Leider wurde der Antrag abgelehnt, weil die Uni Potsdam bereits aus dem Vorgängerprogramm Profis Mittel erhalten hatte.

Die Vernetzung zum DAAD über Frau Kunst (DAAD-Vorstand), die ich mir anfangs gut vorstellen konnte, funktionierte so nicht. Darum freue ich mich umso mehr, dass mein_e Nachfolger_in einen anderen direkten Ansprechpartner im DAAD-Vorstand vorfinden wird, nämlich Mehdi Chbihi, meinen Vorgänger im Referat für ausländische Studierende. Auf dieser Grundlage sollte eine engere Kooperation mit dem DAAD möglich sein.

Der Fokus meiner Arbeit lag zwar auf ausländischen Vollzeitstudierenden, allderdings war auch die punktuelle Zusammenarbeit mit der LEI gewinnbringend, so z.B. bei gemeinsamen Info-Veranstaltungen.

Festival contre le racisme – und – Bundesweiter Bildungsstreik 2009 in Potsdam

Auch in diesem Jahr hat an der Universität Potsdam das Festival contre le racisme stattgefunden. An der Organisation dieser Woche war ich nur marginal beteiligt. Darum ein Dankeschön an Andreas und Tamás, die sich dieser Aufgabe angenommen hatten. In den letzten Monaten habe ich viel Zeit und Kraft in die Vorbereitung des Bildungsstreiks gesteckt. Dazu gehörte die Organisation einer studentischen Vollversammlung. Deren Erfolg habt ihr sicher alle registriert. Über 600 Teilnehmer_innen bei einer VV übertraf nicht nur die anfänglichen Erwartungen. Das Veranstalten einer Vollversammlung sollte zum demokratischen Ritual werden, das sich jedes Semester mit wechselnden Inhalten wiederholt. Die VV wurde als Mittel der demokratischen Teilhabe aller Studierenden lange Zeit vernachlässigt. Auch die Bildungsstreikwoche mit dem Alternativen Vorlesungsverzeichnis, einem Streik-Camp, etlichen Besetzungen und Umzingelungen und einer großen Demonstration an sich war ein Erfolg. Nicht nur dass der Bildungsstreik eine unglaubliche öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt und so unseren Forderungen Raum geschaffen hat, sondern er hat auch viele neue Studierende aktiviert, sich für ihre Rechte und eine bessere Bildung stark zu machen. An diesen Erfolg sollten wir anknüpfen. Die Aktiven im Bildungsstreik konnten auf die volle Unterstützung des AStA zurückgreifen, ohne die der Bildungsstreik nicht in der Art und Weise möglich gewesen wäre, wie er nun wirklich ablief. Auch der kommende AStA sollte Bildungsprotesten Unterstützung zusichern und Anlaufpunkt für alle Engagierten sein. Dafür sollte es klare Verantwortlichkeiten geben, d.h. jemenschen, der sich zuständig fühlt.

Ich könnte noch so viel mehr über Auswertung und Perspektive des Bildungsstreiks schreiben, doch diese Reflektion sollten wir lieber gemeinsam beim Auswertungs- und Perspektiventreffen am 1.August angehen.

Vorstandsarbeit

Diesen Punkt erwähne ich nur der förmlichen Vollständigkeit halber. Ich freue mich, dass die Arbeit im Vorstand so reibungslos lief und sich auf Formalitäten beschränkte.

Persönliches Fazit und Ausblick

Die Arbeit im AStA ist ein 24-Stunden-Job, der oft überlastet. Die Anforderungen, die von allen Seiten an mich gestellt werden, belasten mich oft sehr und lassen mir keinen Raum zum Lernen in jeglicher Hinsicht. Im AStA darf mensch keine Fehler machen, sondern muss Maschine sein. Ich habe versucht, diesem Anspruch gerecht zu werden. Ob ich das geschafft habe, werdet ihr heute mit eurem Votum entscheiden.

Was ich auf alle Fälle nicht geschafft habe, ist euch für die Themen, die ausländische Studierende betreffen, zu interessieren. Auch der Rest der Uni-Öffentlichkeit interessiert sich wenig bis gar nicht für die Lebens- und Lernumstände ausländischer Studierender. Das ist schade, aber nicht unveränderbar. Noch mehr Öffentlichkeitsarbeit und aktionsorientiertes Handeln scheinen auf der Tagesordnung zu stehen.

Das ist nun auch der Übergang zu dem Teil meines Berichts, in dem ich einige Perspektiven aufmachen möchte, was ich ja teilweise schon im vorangegangenen Text, an passender Stelle getan habe.

Allein für die Fortführung der Arbeit auf dem derzeitigen Niveau ist es unbedingt von Nöten, dass zwei Menschen dieses Referat besetzen und/oder eine Stelle für die Beratung ausländischer Studierender geschaffen wird. Euch ist im Verlauf der Legislatur sicher aufgefallen, dass ich „ausländische Studierende“ benutze und damit hauptsächlich ausländische Vollzeitstudierende mein. Denn diese sind es, die eher Hilfe und Unterstützung benötigen, und vor allen Dingen verbriefte Rechte, die ihrer besonderen Stellung als Minderheitengruppe Rechnung tragen.

Darum sehe ich die Institutionalisierung von Rechten ausländischer Studierender als sinnvoll und notwendig an z.B. durch eine Vollversammlung ausländischer Studierender, die ihr eigenes Referat wählt, das dann als autonomes Referat im AStA angegliedert wäre. So geschieht an vielen Unis in den alten Bundesländern. Die Beratung ausländischer Studierender ist eigentlich auch nicht nebenbei zu stemmen. Eine Institutionalisierung durch die Schaffung von bezahlten Stellen, wie es an der HU der Fall ist, wäre mein Rat.

Auch ist über die Einführung eines Sozialfonds für in Not geratene ausländische Studierende nachzudenken, weil sich die Fälle im Vergleich zu den Vorjahren noch mehr gehäuft haben und die globale Finanzkrise nicht dazu beitragen wird, dies zu ändern.

Es wäre auch von Vorteil, wenn der kommende AStA den Rechtsanwältepool erweitern würde um einen Rechtsanwalt, der sich auf Ausländerrecht spezialisiert hat.

Um die Arbeit des Referats für ausländische Studierende weiter zu professionalisieren und auszubauen, ist es auch unabdingbar, dass die Zusammenarbeit mit dem Referat für Sozialpolitik ausgeweitet sowie die Kooperation mit einem funktionierenden Vernetzungsreferat aufgenommen wird.

Sicher habe ich einiges vergessen, doch die wichtigsten Punkte meiner Tätigkeit und Analyse habe ich genannt und erklärt. Gern führe ich auf Nachfrage alle Punkte noch einmal aus. Schreibt einfach eine Mail.

Solidarisch,

Claudia

P.S.: Keine Angst. Ich höre jetzt noch nicht einfach auf zu arbeiten. Erst wenn der nächste AStA im Amt ist, werden wir alle unsere Tätigkeiten niederlegen. Solange bleiben wir kommissarisch im Amt.

Claudia Fortunato  [7. Juli 2009]

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