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» themen/Was tun gegen Seminarrauswürfe?



Immer wieder werden Studierende dieser Uni mit einer Teilnahmeverweigerung an Pflichtseminaren konfrontiert. Gerne wird auf begrenztes Platzangebot zugunsten der Studierbarkeit verwiesen. Und diese (zu) wenigen Plätze würden vom allmächtigen PULS zugeteilt. Fakt ist aber: Niemand hat das Recht, euch die Teilnahme an einem Pflichtseminar zu verweigern. Und PULS ist kein Gott, den es zu besänftigen gilt, sondern lediglich ein Verwaltungsinstrument.
Die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen ist bundesweit Dauerthema. Auch an der Universität Potsdam gilt seit Jahren das credo der Mangelverwaltung. Unübersichtliche Hierarchiestrukturen führen (meist aus schlichter Unwissenheit) immer wieder zu gesetzeswidrigen Versuchen, sich dem Spardiktat zu unterwerfen. Solche Sparmaßnahmen suggerieren Land und Bund, dass es auch mit noch weniger Zuschüssen geht. Output? Eine Abwärtsspirale, was die Studierbarkeit betrifft.
Es sei denn, die Studis sind sich ihrer Rechte bewusst und trauen sich auch, für diese einzustehen.
Seminarrauswürfe sind seit Jahren ein beliebtes Mittel, sich die Bildungsansprüche der Studis vom Hals zu halten. Der einfachste Weg des Geldsparens sind halt immernoch Kürzungen beim Pöbel. Beim Losverfahren nicht reingekommen –  vielleicht hast du im nächsten Jahr mehr Glück?! Bitte vertraut nicht blind allen vermeintlichen Autoritätspersonen. Ein Prof ist noch lange kein wandelndes Gesetzbuch. Doch wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Denn was viele nicht wissen: Teilnahmebegrenzungen für  Lehrveranstaltungen und somit auch der Seminarrauswurf sind rechtswidrig.
„Die Studieninhalte sind so zu bestimmen, dass das Studium in der Regelstudienzeit abgeschlossen werden kann.“
So steht es im Brandenburgischen Hochschulgesetz (§ 9 Abs 1. S. 3 BbgHG) geschrieben.
Seminarrauswürfe jedoch verlängern das Studium außerplanmäßig und ohne Verschulden der Studierenden. Gerade für BAföG-finanzierte Studis ist es oft existentiell, dass sie in der Regelstudienzeit abschließen bzw. bei Verzögerungen weiter BAföG-unterstützt werden.
Die Ablehnungsbestätigung zum Download: hier
Der AStA stellt euch auf seiner Homepage den Vordruck einer Ablehnungsbestätigung zur Verfügung. Wenn ihr von der Praxis des Seminarrauswurfs betroffen seid, lasst euch dies von der Lehrkraft bestätigen. Letztere trifft meist keine Schuld: Dass Seminare eine   begrenzte Teilnahmekapazität haben, ist selbstverständlich sinnvoll. Und die meisten haben andere Dinge zu erledigen, als das Hochschulgesetz zu lernen. Es ist an euch, auf eure Rechte aufmerksam zu machen. Die Hochschulleitung hat die Verpflichtung, genug Lehrveranstaltungen bereitzustellen. Ausführlich bestätigt dies ein Rechtsgutachten aus dem Jahr 2005.
Die Ablehnungsbestätigung zum Download: hier
Auch die Hochschulleitung selber ist sich dieser Verpflichtung bewusst:
Das Rektoratskollegium hat am 20.10.2004 beschlossen, dass bei einer Belegung von Pflichtlehrveranstaltungen mit mehr als 50 % der rechtlich, fachlich und fachdidaktisch zulässigen Studierendenzahl und/oder erschöpfter Raum- und Lehrkapazitäten Parallelveranstaltungen anzubieten sind. In allen Fällen sind die Studierenden, die keinen  Platz in einer Pflichtveranstaltung erhalten haben, auf Wartelisten zu erfassen. Bei Belegungszahlungen unter 150 % ist diesen Studierenden ein Platz in der  Pflichtveranstaltung bei ihrer nächsten Durchführung zu sichern. Dieser Beschluß wurde nicht befristet und hat demzufolge Bestand. Die Umsetzung des Beschlusses liegt vorrangig im Kompetenzbereich der Dekane.
Antwort des Rektorates auf die Anfrage des studentischen Senators Martin Bär vom 10. November 2005
Hier kommt das „Potsdamer Universitätslehr- und Studienorganisationsportal“  (PULS) ins Spiel und ihr seid gefragt: Anhand der Anmeldezahlen ergeben sich besagte Wartelisten. Deshalb: Tragt euch niemals aus PULS aus.
Damit zieht ihr euren Belegungsanspruch zurück.
Die Effektivierung des Mangels: PULS
Man könnte fast meinen, die Belegungsplattform PULS habe die primäre Funktion, den Schwarzen Peter zu absorbieren. Merkwürdige Dinge hört man über das Studienportal: „PULS hat die alleinige Macht der Zuteilung.“, „Eine Anmeldung später als drei Wochen nach Semesterbeginn lässt PULS nicht zu.“, sind weit verbreitete Irrglauben unter Dozierenden. Die ursprünglich angedachte Funktion von PULS: Verwaltung der Belegpunkte für Bachelor/Master-Studierende.
Tatsächlich ist es ohne weiteres möglich, dass Studierende sich auch persönlich bei der Lehrkraft anmelden können. Auch spricht nichts gegen ein Nachtragen von Studierenden durch die Lehrkraft. Oftmals nur aus Unwissenheit wird beides immer seltener praktiziert.
Auch hier könnt ihr euch der vollen Rückendeckung der Hochschulleitung gewiss sein:
PULS trifft keine Entscheidungen, sondern ist lediglich eine Hilfe für die Lehrenden. Die Lehrkraft trifft die letzte Entscheidung.
Aussage der damaligen Prorektorin für Studium und Lehre, Gerda Hassler, und des Dezernenten für Studienangelegenheiten, Norbert Stief, im Gespräch mit FachschaftsvertreterInnen am 23. Mai 2005
Die letzte Entscheidung über die Zulassung zur Lehrveranstaltung treffen immer die Lehrkräfte, auch wenn diese oft etwas anderes erzählen.
Aussage des Dezernenten für Studienangelegenheiten, Norbert Stief, im Gespräch mit FachschaftsvertreterInnen am 30. November 2005
Die Zulassung von Studierenden zu Lehrveranstaltungen wird weder durch die
Online-Plattform PULS noch durch das Prüfungsamt sondern ausschließlich (!) durch das Fach bzw. die jeweiligen Dozenten geregelt.“
Peter Brestrich, Leiter des Prüfungsamtes, in einer eMail an den AStA vom 19. Oktober 2007
Aufklärung hilft – Was ist zu tun?
Wir möchten euch an dieser Stelle dazu aufrufen – gerne mit Unterstützung eures AStAs – gegen die Seminarrauswürfe und deren Ursachen vorzugehen. Seid dabei solidarisch – es geht schließlich nicht nur um den eigenen Platz im Seminar und gut ist, sondern um die Studierbarkeit für alle, unabhängig von Zufällen bei der  Platzvergabe.
Deshalb hier die Handlungsanweisung:
1. Tragt euch nicht aus PULS aus
2. Lasst euch diese Ablehnungsbestätigung von der entsprechenden Lehrkraft unterschreiben. Das sichert euch z.B. etwaige BAföG-Ansprüche!
3. Meldet jeden Rauswurf aus Lehrveranstaltungen unter seminarrauswurf.de
6. Protestiert gegen die Unterfinanzierung der Universität und  fordert gemeinsam mit uns die Hochschulleitung und Landesregierung auf, bessere Bedingungen für Studierende zu schaffen.
7. Leitet rechtliche Schritte ein: Es kann ein Widerspruch gegen die   Zulassungsbeschränkung eingelegt werden. Zusätzlich kann beim Verwaltungsgericht Potsdam ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt werden, mit der Begründung die  Zulassungsbeschränkung sei rechtswidrig. Eine genaues Verfahren hierzu  findet Ihr in diesem Artikel.
Weitere Informationen
8. Klärt eure Kommiliton*innen auf.

Tamás Blénessy  [31. Oktober 2007]

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