Logo

» presse/astazeitung/Wenn Wohnen zum Luxus wird



Studentisches Wohnen ist in Potsdam nahezu unmöglich. Wie die Realität aussieht, die Stadtspitze darauf reagiert und was Dein AStA hierzu macht

Potsdam hat in diesem Jahr die Marke von 150.000 gemeldeten EinwohnerInnen geknackt. Bereits im Jahr 2007 waren 1.971 Personen mehr mit Hauptsitz in Potsdam gemeldet als im Vorjahr. Dieses Ergebnis liegt um Einiges über dem prognostizierten Zuzug von 1.200 Personen jährlich bis 2020. Das geht aus dem aktuellen Wohnungsmarktbericht der Landeshauptstadt Potsdam hervor. Auch die Universität Potsdam steuert mit seit Jahren steigenden StudienanfängerInnenzahlen und momentan rund 20.600 Studierenden, von denen rund 70 Prozent in Potsdam wohnen, ihren Teil zu diesem positiven Trend bei.

Woher kommen die Leute?

Das Ergebnis stimmt also. Potsdam wächst und wächst. Das ist gut für Potsdam, denn jeder Einwohner und jede Einwohnerin bringt Geld in die Kasse der Stadt. Allerdings ist dies nicht allein der Verdienst und das Ergebnis der Stadtverwaltung, die Potsdam ja immer schöner und attraktiver machen möchte, sondern auch Resultat der allgemeinen Landflucht in Brandenburg. Immer mehr Menschen, gerade junge, ziehen nach dem Abitur oder der Ausbildung aus den ländlichen Regionen Brandenburgs weg. Zum Beispiel nach Potsdam, um hier zu studieren oder zu arbeiten. Gemeinsam haben die meisten, dass sie nicht jede Menge Kapital mit sich bringen, sondern eher erst damit beginnen, sich eine eigenständige Existenz aufzubauen. So sind viele der ZuzüglerInnen in einer ähnlichen Situation wie die meisten Studierenden. Ist die Stadt und vor allem ihre Infrastruktur eigentlich gewappnet für einen solch rasanten Zuzug? Schon jetzt kommt der Verkehrsfluss zu den Stoßzeiten nahezu zum Erliegen. Der ÖPNV scheint für viele PotsdamerInnen und die meisten PendlerInnen nicht attraktiv genug zu sein. Es fehlt an stadtrandnahen Parkplätzen mit Anbindung an den ÖPNV oder die Bahn, um eine Alternative zum Individualverkehr anzubieten.

Die Wohnsituation für Studierende

Die Wohnraumsituation ist seit über einem Jahr ein Thema, dass die Stadtpolitik ständig beschäftigt. Bereits im November 2007 hat Ronny Besançon, damals Referent für Sozialpolitik im AStA, dem Sozialausschuss der Stadtverordnetenversammlung die studentische Sicht auf die Wohnraumproblematik erläutert. Mit Bezugnahme auf den Wohnungsmarktbericht aus dem Jahr 2006 verdeutlichte er, dass ein eklatanter Mangel an kleinteiligem und günstigem Wohnraum besteht. Bezahlbare Einraumwohnungen sind ein Einzelfall und heiß begehrt. Auch die bei Studierenden so beleibten Wohngemeinschaften duldet nicht jeder Vermieter oder jede Vermieterin. Die Ergebnisse des lang anhaltenden Diskussionsprozesses zur Wohnraumsituation sind allerdings dürftig. „Die Genossenschaften geben sich wirklich Mühe“, so Ronny Besançon in seiner Beurteilung. Einige Genossenschaften prüfen derzeit die Möglichkeit, dass Kautionen oder Genossenschaftsbeteiligungen in Raten gezahlt werden können.

Was tut die Stadt Potsdam?

Auf städtischer Seite scheint sich allerdings nicht viel bewegt zu haben, zumindest nicht zum Guten. Laut aktuellem Wohnungsmarktbericht gibt es sogar 25 Einraumwohnungen weniger als noch im Jahr 2006, obwohl der Bedarf an diesen Wohnungen gestiegen ist und insgesamt sogar rund 600 neue Wohnungen geschaffen wurden. Auch die Gesamtzahl der städtischen Wohnungen ist um ungefähr einen Prozent gesunken. So hat es den Anschein, als hätte sich das kommunale Wohnungsunternehmen ProPotsdam GmbH ein Stückchen vom Wohnungsmarkt zurückgezogen. Augenscheinlich hat es nicht die Möglichkeit ihr Wohnungsangebot an die derzeitige Nachfrage anzupassen bzw. allein den Stand des letzten Jahres zu halten. Schwierig ist die Situation natürlich auch, weil die Landesregierung angekündigt hat, dass eine keine Möglichkeit für eine Förderung sozialen Wohnungsbaus in Potsdam sehen.

Die studentische Realität

Erschreckend ist auch die Mietentwicklung. Bedingt durch voranschreitende Luxussanierungen und die hohe Wohnraumnachfrage steigen die Mieten in Potsdam seit Jahren. Das müsste zu einer Profiterhöhung für die privaten und das kommunale Wohnungsunternehmen führen, wodurch es ihnen eigentlich möglich sein müsste, zum Beispiel Rabatte für Studierende einzuführen. Die Studierenden haben im Durchschnitt ein monatliches Einkommen von ungefähr 650 Euro zur Verfügung. Die ProPotsdam nimmt auch zur Zeit noch an, das ungefähr ein Drittel davon für die Miete aufgewendet werden muss. Demnach würde sich die durchschnittliche Miete in einem Bereich von zirka 217 Euro warm bewegen. Tatsächlich müssen aber viele Studierende bis zur Hälfte ihres Einkommens dafür ausgeben. Auch hier scheint die Stadt jedenfalls nicht auf dem neuesten Stand zu sein. Von einer Anpassung an aktuelle Verhältnisse kann nicht die Rede sein.

Was macht der AStA?

Der AStA wird die Gespräche mit Hans-Joachim Böttche, dem Bereichsleiter Wohnen der Stadt Potsdam, den Wohnungsgenossenschaften und auch privaten Wohnungsunternehmen weiterführen, um weiterhin die studentische Sicht auf die Wohnraumsituation, den Bedarf an kleinteiligem und günstigem Wohnraum aufzuzeigen und weiterhin dafür zu kämpfen, mehr Flexibilität bei Mieten, Kautionen und Genossenschaftsanteilen zu erreichen. Die derzeitige Situation ist jedenfalls kaum mehr ertragbar und der Blick in die Zukunft ist auch nicht besonders rosig. Sollte sich die Wohnraumsituation nicht in absehbarer Zeit verbessern, werden die für die nächsten Jahre 1.200 prognostizierten ZuzüglerInnen jährlich wohl nach Berlin weiterziehen müssen, weil sie in Potsdam keine Wohnungen mehr finden werden.

Jens Gruschka  [12. Januar 2009]

« zurück zur letzen Seite | zum Seitenanfang