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» gender/texte/generisches Maskulinum vs. generisches Femininum



In der Sprache unserer patriarchalisch strukturierten Gesellschaft herrscht das generische Maskulinum seit langem vor. Das generische Maskulinum bedeutet, dass die weibliche Form in der männlichen inbegriffen ist.

Diese sprachliche Praxis ist Ausdruck unserer männlich-dominierten Historie, die Frauen nur allzu oft unsichtbar gemacht hat. So konnten bspw. viele Frauen der Vergangenheit, die enorm zum heutigen Stand der Wissenschaft beitrugen, ihre Arbeiten stets nur unter dem Namen ihrer Ehemänner oder auf anderem Wege publizieren. Das von Gegnern geschlechtergerechter Sprache häufig verwendete Argument, dass Frauen bisher kaum einen Beitrag zu unserer Gesellschaft leisteten, hinkt also enorm. Viele weitere geschichtliche Beispiele lassen sich nennen, die an der Ausbildung des Patriarchats ihren Anteil hatten, welches bis in die Gegenwart fortgeschrieben wird.

Dass patriarchale Strukturen nach wie vor bestehen, zeigt sich daran, dass die männliche Form stets als die „Norm“ gilt. Frauen und alle anderen Menschen, die sich nicht in der binären Geschlechterstruktur von Mann und Frau wiederfinden, werden in dieser Form einfach mitgemeint. Doch macht diese „vermännlichte Norm“ in Wirklichkeit alle Individuen, die nicht männlich sozialisiert sind, unsichtbar und schließt diese aus. Denn Sprache zeigt, was in einer Kultur wichtig ist. Sprache beeinflusst unser Denken und wirkt sich somit darauf aus, wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen und damit auch gestalten. Mit dem Beibehalten des generischen Maskulinums akzeptieren wir also, dass alle nicht-männlichen Menschen aus dem Bewusstsein unserer Gesellschaft ausgeschlossen werden. Dieses ist einer der zentralen Gründe, sprachlicher Praxis zunehmend Aufmerksamkeit zu schenken und sie als wesentliches Feld gesellschaftlicher Emanzipation zu erkennen.

Dabei soll nicht die Ersetzung eines sexistischen Sprachgebrauchs durch einen anderen das Ziel sein. Es sollte nicht die Lösung sein, das generische Maskulinum durch das generische Femininum aufzuheben – vielmehr wäre ein geschlechtergerechter Sprachgebrauch anzustreben. Dabei geht es um die Sichtbarmachung aller Geschlechter durch eine sprachliche Gleichstellung und damit Gleichberechtigung.

Allerdings stellt das generische Femininum beim derzeitigen Reflexionsstand unserer Gesellschaft das sinnvollste Vorgehen dar, welches realisierbar erscheint. Denn nur durch das Aufmerksam machen auf die Ungleichbehandlung der Geschlechter kann ein Wandel im Denken stattfinden. Sprache verändert Denken und das Denken beeinflusst wiederum unsere Sprache, was sich immer auch auf die Gestaltung der Welt und die Gesellschaft auswirkt. Der bewusste Gebrauch des generischen Femininums bedeutet somit lediglich die Symptombekämpfung der Krankheit „männliche Norm“. Denn solange die weibliche Form markiert werden muss, um klarzustellen, dass es sich ausschließlich um eine weibliche Gruppe handelt (z.B. Frauen-Fußball; Männer-Fußball wird schlicht mit Fußball betitelt, womit aber ebenso eine gemischte Gruppe gemeint sein kann), bleibt unser Denken nach wie vor patriarchalisch ausgerichtet.

Wir sind jedoch alle Teil dieser Gesellschaft und möchten uns darin auch wiederfinden. Deshalb fordern wir die Aufspaltung rigiden, sexistischen Sprachgebrauchs und die Verwendung einer geschlechtergerechten Ausdrucksweise. Wir fordern die Sichtbarmachung und Akzeptanz aller Individuen, unabhängig ihres Geschlechts oder ihrer Geschlechtsidentität.

FIGHT SEXISM!

Laura Bruell  [29. November 2013]

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