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» themen/antimilitarismus/Pressemitteilung: Universität Potsdam mit Kriegskurs im Kreuzfeuer



Hochschulfinanzierung: AStA fordert Drittmittel-Transparenz und eine Zivilklausel
Die Universität Potsdam ist unter den 22 deutschen Hochschulen, die in den letzten Jahren finanzielle Förderungen in Höhe von insgesamt mehr als zehn Millionen US-Dollar vom Verteidigungsministerium der USA entgegennahmen. Dies bestätigt ein Dokument, welches die Süddeutsche Zeitung (SZ) und der Norddeutsche Rundfunk (NDR) im Rahmen des gemeinsamen Rechercheprojekts „Geheimer Krieg“ am Montag veröffentlichten. Am 23. Juni 2013 flossen demnach für die Durchführung eines Workshops 9.900 US-Dollar vom „Office of Naval Research“ an die Universität Potsdam.

Der AStA verurteilt jegliche Art der Förderung universitärer Projekte durch militärische Einrichtungen. Diese Ablehnung bezieht sich auch auf Veranstaltungen, bei denen thematisch kein direkter Zusammenhang zu militärischem Nutzen erkennbar ist.

„Das Pentagon sponsert die Hochschulen ja nicht aus Selbstlosigkeit. Finanzielle Zuwendungen werden auch zur Sicherung zukünftiger Kooperationen eingesetzt. In diesem Fall ist das auch aufgrund der vergleichsweise niedrigen Summe anzunehmen.“, stellt AStA-Antimilitarismusreferent Marvin Graber fest.

Die Gelder gingen an den Lehrstuhl für Theoretische Physik am Institut für   Physik und Astronomie. Laut Lehrstuhlleiter Prof. Dr. Ralf Metzler  wurde  – anders als im oben genannten Dokument angegeben – von den Drittmitteln eine internationale Tagung vom 3. bis 7. Juni 2013 namens „Search and Exploration 3“ auf Korsika finanziert. NDR und SZ dagegen nennen als Gegenstand des Sponsorings den vom 23. bis 25. Oktober diesen Jahres abgehaltenen Workshop mit dem Titel „Dynamics in Crowded Systems“.

Bereits seit Jahren kämpft der AStA für die Einführung einer sogenannten Zivilklausel auch an der Universität Potsdam, um den Einfluss des Militärs auf Forschungsgegenstände möglichst gering zu halten.

Den Anstoß hierfür gab im Jahr 2007 die Einführung des Studiengangs „Military Studies“, da dieser zur Hälfte von der Bundeswehr finanziert wird.

„Vom Umfang her ist diese Beteiligung natürlich noch weitaus brisanter als die Spende der US-Navy“, sagt AStA-Finanzreferent Alexander Gayko.Die Förderung durch das US-Militär ist ein Skandal, der die Universitätsleitung endlich zur Einführung einer Zivilklausel bewegen sollte.„, ergänzt Graber.
Zudem kritisiert der AStA die personelle und finanzielle Beteiligung der Universität Potsdam am Brandenburgischen Institut für Gesellschaft und Sicherheit (BIGS). Das Institut, welches mehrheitlich von der UP Transfer GmbH gehalten wird, spricht sich klar für die sogenannte „Dual Use-Forschung aus. Mittels der Verbindung von universitärer Forschung und Privatwirtschaft werden in diesem Fall klare militärische Forschungsinteressen mit zivilen Sicherheitsbelangen legitimiert. Neben der UP Transfer GmbH halten Unternehmen aus der Rüstungsbranche Anteile am BIGS.
Bisher wies die Hochschulleitung die Forderung nach einer Zivilklausel zurück.

Die Hauptverantwortung für die Tatsache, dass überhaupt Drittmittel von fragwürdiger Herkunft entgegengenommen werden, will der AStA jedoch weder der Hochschulleitung noch den Wissenschaftlerinnen zuschreiben.

„Die eigentliche Ursache ist die sich verschlechternde finanzielle Situation der Hochschulen. Stetige Kürzungen von Geldern der öffentlichen Hand befeuern den Wettlauf um die Anwerbung externer Sponsorinnen. Ethische Bedenken werden dann schnell zweitrangig.“, erklärt Paul Möller, Referent für Hochschulpolitik.

Prof. Dr. Metzler kann dies nur bestätigen: „Ohne Drittmittel läuft gar nichts. Beispielsweise sind Promotionen an unserem Lehrstuhl ohne externe Sponsoren schlicht nicht finanzierbar.“
Möller ergänzt: „Auf Drittmittel angewiesen zu sein, bedeutet darüberhinaus: Abhängigkeit von der Wirtschaft und anderen kapitalstarken Einzelinteressen. Die Freiheit der Wissenschaft, im Grundgesetz verankert, kann so auf Dauer nicht mehr gewährleistet werden.“

„Es muss verbindliche ethische Grundsätze geben, deren Einhaltung kontrollierbar ist.“, sagt Marei Frener, Referentin für Presse- und  Öffentlichkeitsarbeit. „Der AStA ist selbstverständlich bereit, sich an einem entsprechenden Gremium zur Ausarbeitung dieser Leitlinie zu beteiligen.“

Es sei an der Hochschulleitung oder der Landesregierung, auf die Affäre mit der Einrichtung eines solchen Gremiums zu reagieren.

Marei Frener  [27. November 2013]

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