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» themen/internationales/Stellungnahme zum „Aktionsprogramm“ des DAAD vom 09.07.2004



Mit Erschrecken mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass der DAAD, einstmals aus einer Studierendeninitiative hervorgegangen, sich im Rahmen seines Aktionsprogramms „Auf dem Weg zur Internationalen Hochschule“ nunmehr der neoliberalen Debatte angeschlossen hat, und die Internationalisierung der Hochschule auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit ausländischer Studierender und den daraus resultierenden Nutzen für den „Bildungsstandort Deutschland“ reduziert.

In diesem Sinne wird sich ausschließlich auf die „weltweit stark umworbene Gruppe mobiler Studierender mit gutem ersten Abschluss“ (A.1.) beschränkt. Das heißt, dass alle anderen ausländischen Studierenden, nämlich jene, die nicht zur Gruppe der sogenannten „Mobilen“ gehören, jene, die nicht über genügend finanzielle Ressourcen verfügen, die eine weltweite Mobilität ermöglichen (und das ist die überwältigende Mehrheit), von vornherein aus den Überlegungen einer internationalen Hochschule ausgegrenzt werden.

Das ist nicht nur sozialpolitisch bedenklich, sondern diskriminiert weite Bevölkerungsschichten vor allem in den wirtschaftlich ärmeren Regionen, als da wären Afrika, Asien und Lateinamerika.

Des Weiteren fällt auf, dass alle Argumente im Sinne des Wettbewerbs des Bildungsstandorts Deutschland in Verbindung gebracht werden. Da geht es um Konkurrenz aus anderen Staaten (vornehmlich USA, Großbritannien, die EU im allgemeinen und Australien), die hochqualifizierte Arbeitskräfte und WissenschaftlerInnen abwerben und das Bedauern darüber, dass dieser sogenannte „Brain Drain“ auch Deutschland schadet. Als Konsequenz sollen nun deutsche WissenschaftlerInnen, die an einer ausländischen Hochschule ihren Abschluss gemacht haben, mittels Netzwerken wieder zurück ins Land geholt werden bzw. anderen Ländern abgeworben werden. Grundsätzlich ist zu sagen, dass dieser „Brain Drain“ in erster Linie die Staaten des Südens betrifft und den Industriestaaten nutzt, so dass auch Deutschland insgesamt auf der Seite der Gewinner steht. Viel besorgniserregender ist es für uns als Vertretung der Studierendenschaft Potsdams aber, dass akademischer Bildung all ihr universalistischer Kontext geraubt wird, und lediglich auf Verwertbarkeit und Nutzen für die Nationalökonomie geprüft wird.

Der größte Tabubruch innerhalb dieses Aktionsprogramms ist jedoch das klare Bekenntnis des DAAD zu Studiengebühren für ausländische Studierende, die an den Kosten der Hochschulen beteiligt werden sollen und sogar offen als „zahlende Kunden“ (B.2.) bezeichnet werden. Bekanntermaßen sind Studiengebühren ein probates Mittel sozialer Selektion für einen Hochschulzugang. Für ausländische Studierende trifft das in höherem Maße zu, da sie die Kosten für die Reise nach Deutschland, die aufwendigen Dokumentübersetzungen, den Lebensunterhalt und etwaige Sprachkurse aufbringen müssen und zudem ein Polster von 6000 Euro nach § 84 des Zuwanderungsgesetzes vorweisen müssen. Insofern besteht schon eine rigide Diskriminierung und Selektion von Seiten der deutschen Justiz, die durch Studiengebühren noch erhöht werden würde.

Wir lehnen Studiengebühren kategorisch als unsozial ab, da die vage Aussicht auf ein Stipendium, welches an außergewöhnlich Leistungen gekoppelt ist (A. II. 3.), jene benachteiligt, die traditionell aus bildungsfernen Schichten kommen. Da diese Polarisierung gerade in Ländern des Südens noch wesentlich einschneidender ist, als es in Mitteleuropa der Fall ist, können Studiengebühren für ausländische Studierende an deutschen Hochschulen (und darüber hinaus in aller Welt) nur dazu beitragen, die Koppelung von Bildung und Einkommen der Eltern zu zementieren, und sind daher zurückzuweisen!

Positiv am vorliegenden Aktionsprogramm ist lediglich die Tatsache, dass sich mit einer Internationalisierung der Hochschulen befasst wird. Leider kommt diese nicht über die derzeit gängigen Schemata kapitalistischer Verwertungslogik und Konkurrenzdenken hinaus, so dass nicht einmal von einem annehmbaren Konzept bzw. einer universalistischen Internationalisierung der Hochschulen ausgegangen werden kann.

Positiv ist weiterhin, dass neben einer erhöhten AusländerInnenquote an den Hochschulen, eine erhöhte Sprachkompetenz forciert wird. Dabei wird sich aber nicht einmal in diesem Bereich von Gebühren abgegrenzt, sondern lediglich darauf verwiesen, das „für hochwertige Sprachlernangebote auch faire Preise zu nehmen“ seien (A.VI. 1.). Wie „fair“ die Preise sein sollen, scheint Verhandlungsmasse zu sein, und somit den Universitäten überlassen, die bei derzeitiger Haushaltslage jedes noch so absurde und unsoziale Mittel als geeignet ansehen, ihre Haushaltslöcher zu stopfen.

Aufgrund dieser Argumente, hauptsächlich jedoch wegen der Erwägung und Kalkulation mit Studiengebühren für ausländische Studierende, lehnen wir das Aktionsprogramm des DAAD ab und protestieren vehement gegen eine Verabschiedung des Diskussionspapiers in dieser Form. Eine Annahme des Programms in seiner jetzigen Form wäre für den AStA der Universität Potsdam als Mitglied beim DAAD nicht tragbar.

Gezeichnet

Christian Kube

Referent für Internationales im

AStA der Universität Potsdam

Postfach 60 15 53

14415 Potsdam

tel: 0331/977 1225

email: internationales@asta.uni-potsdam.de

Christian Kube  [11. November 2004]

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