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Karlsruhe (AFP) – Die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingeleitete Rasterfahndung nach möglichen islamistischen Terroristen war verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht setzte mit diesem Urteil dem Abgleich von personenbezogenen Daten der Bürger Grenzen. Demnach sind Rasterfahndungen künftig nur noch zulässig, wenn eine auf Tatsachen begründete, „konkrete Gefahr“ etwa für die Sicherheit der Bundesrepublik oder das Leben eines Bürgers vorliegt.

Eine allgemeine Bedrohungslage wie nach den Anschlägen vom 11. September in den USA oder eine außenpolitische Spannungslage reichen für eine Rasterfahndung nicht aus. Damit hatte die Klage eines marokkanischen Studenten aus Nordrhein-Westfalen Erfolg, der sich gegen den Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gewehrt hatte.

Nach der veröffentlichten Urteil des des Bundesverfassungsgerichts (BVerG) war die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingeleitete Rasterfahndung nach möglichen islamistischen Terroristen verfassungswidrig.

Nach den Maßgaben, die das Gericht am Fall des umstrittenen Polizeigesetzes von Nordrhein-Westfalen aufstellte, werden nun elf der 16 Bundesländer, darunter Bayern und Baden-Württemberg, ihre Regelungen zur verdachtslosen Rasterfahndung ändern müssen. Nach den Terroranschlägen vom 11. September in New York und Washington hatten die Behörden im Oktober 2001 in allen Bundesländern nach so genannten islamistischen Schläfern gefahndet. Es handelte sich um die größten koordinierte Rasterfahndung in der deutschen Geschichte. Terroristen wurden dabei allerdings nicht gefunden.

Den Verfassungshütern geht solch ein Eingriff in die Grundrechte der Bürger ohne konkreten Anfangsverdacht zu weit: Der Staat müsse Terrorangriffe mit rechtsstaatlichen Mitteln abwehren; dabei habe er sich aber auch „auf diese rechtsstaatlichen Mittel zu beschränken“. Laut Karlsruhe wird deshalb künftig ein Richter einer Rasterfahndung etwa nach Terroristen erst dann anordnen dürfen, wenn „konkrete Tatsachen auf die Vorbereitung oder Durchführung terroristischer Anschläge hindeuten“.

Die Verfassungsrichterin Evelyn Haas folgte dem nicht. Nach ihrer Ansicht macht das Gericht mit seiner Entscheidung „den Staat gegenüber drohenden Terrorangriffen wehrlos“. Durch die Rasterfahndung werde die Sicherheit als Grundlage der Freiheit gestärkt, heißt es in einem Sondervotum der Richterin. Davon profitierten auch die Betroffenen, die daher die Rasterfahndung als „Eingriff minderer Intensität“ in ihre Grundrechte hinnehmen. (AZ 1 BvR 518/02)

Hier finden Sie Die Entscheidung:

http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20060404_1bvr051802.html

Mehdi Chbihi  [24. Mai 2006]

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