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14. November, kurz vor 20 Uhr: ein aufgeregtes Hin- und Hergehen vor dem Theatersaal des studentischen Kulturzentrums. In zehn Minuten sollte die Lesung beginnen: Der AStA lud sich Martell Beigang ein, der aus seinem Roman „unverarschbar“ lesen sollte. Ein banges Warten… Und tatsächlich erschien er – ausgestattet mit einem handelsüblichen Yuppie-Trolley – und machte gleich in den ersten Minuten seiner Anwesenheit das klischeehafte Bild eines Romanautors zunichte. Doch dazu später mehr…

Rund 20 Leute lauschten der Lesung von „unverarschbar“, dem Erstlingswerk von Martell Beigang. In dem Buch geht es um einen eher gescheiterten Musiker namens Ben Schröder und seinen trostlosen Alltag zwischen ständigen Schwelgereien über seine alte Band „Servokings“, diversen Kneipenbesuchen, dem Musikmachen für schmales Geld und der ständigen Suche nach einer neuen Aufgabe. In dieses Dasein schiebt sich langsam aber sicher Janine Paffrath, aus Bens Sicht die „Gallionsfigur des Untergangs der abendländischen Musik-Kultur“. Nur zu gern würde Ben ihr nur einmal die Meinung zu dem Müll, den sie als Musik bezeichnet, geigen.

Was Musikkritik angeht, ist Martel – ja, er ließ sich Duzen! – schonungslos und vor Allem fern jeder Fiktion: Schließlich ist er selbst Musiker, spielt aktuell in der Band „Swinger Club“ und war bei den legendären „Backbeats“ um Dick Brave am Schlagzeug zu hören. Auch „m. walking on the water“ sollte den Independent-LiebhaberInnen ein Begriff sein – alles nicht gerade anspruchslose Musik.

Zurück zum Buch: Immer mer schiebt sich Janine – die gecastete Daily-Soap-Darstellerin auf musikalischen Abwegen – in der Vordergrund der Handlung. Eindrucksvoll beschreibt Martell die dunklen Seiten der Popmusik-Industrie und die Gegensätze zwischen der künstlichen heilen Welt und der traurigen Realität eines 18-jährigen Popstars. Wie es das Schicksall will, ergibt sich für Ben ein Engagement für einen weiteren Vertreter der Gattung Plastemusik: Silvio Mendez, seines Zeichens singender Castingshow-Star. Ben schnuppert für kurze Zeit an der Scheinwelt der Musikindustrie und so kommt es am Rande einer Preisverleihung in der Kölnarena zur Begegnung zwischen Ben und Janine.

Auf der Lesung verriert Martell nichts vom Rest der Geschichte – und wir hüllen uns ebenso in Schweigen, denn das Lesen lohnt sich allemal! Sowohl die kleinen Geschichten aus Bens Alltag und seiner Sehnsucht nach guter Musik als auch Martells schonungslose Abrechnung mit den VertreterInnen der Casting-Musikindustrie sind das Geld mehr als Wert – Authentizität ist das Stichwort!

Der Abend in der Kuze-Kneipe wurde noch sehr lang und feuchtfröhlich. Anlass genug, Martell – dann allerdings mit musikalischer Begleitung durch Tim Talent – erneut nach Potsdam einzuladen. Am 13. März präsentieren die beiden unter der dem Namen Hallo*Erde eine Lesung mit musikalischer Begleitung im Nil StudentInnenkeller auf dem Campus Neues Palais.

Martell Beigang: unverarschbar

Schardt Verlag Oldenburg

ISBN 3-89841-292-X

10,00 Euro

Sabine Finzelberg  [8. Januar 2008]

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