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Das neue Mittelvergabemodell für die Brandenburger Hochschulen

Willkommen in der Realität –

Weniger Geld pro Kopf und noch mehr Leistungsdruck

Nun ist er raus: der neue Wurf des Wissenschaftsministeriums. Was er besagt und

was das für uns heißen könnte, lest im Folgenden!

In vergangenen Zeiten erhielten die Universitäten Gelder direkt von Land für

bestimmte Posten im Unihaushalt. Im Zuge weiterer Einsparungen, unter dem

Deckmantel der „Hochschulautonomie“ führte das Wissenschaftsministerium Anfang

2000 den sogenannten Globalhaushalt ein. Fortan durfte die Unileitung die

Verteilung der Gelder selbst vornehmen.

Das Neue nun: neben einer „Grundzuweisung“ für die Hochschulen wird ein Teil

der

finanziellen Zuweisungen des Landes in Zukunft über Leistungsfaktoren, die 20

bis 30 % der gesamten Bezüge umfassen sollen, berechnet. Die

Leistungsindikatoren, die dazu herangezogen werden, sind: zu 50% die

AbsolventInnenquote, zu 10% die Zahl der Promotionen, zu 30% die Größe der

Drittmittel-Einnahmen (außeruniversitäre Geldquellen) und zu jeweils 5% die

Internationalisierung und die Umsetzung der Chancengleichheit von Frauen und

Männern in allen Ebenen der Universität.

Schön und gut. Was ist schon schlecht daran?

In erster Linie bedeutet dieses neue Modell, daß die Grundzuweisung auf 75 bis

80 % reduziert wird! Am bestehenden Haushaltsdefizit der Hochschulen ändert es

also rein gar nichts.

Darüber hinaus sind die Kriterien an sich fragwürdig. Für die

AbsolventInnenquote wünschen sich Hochschulen und Ministerium z.B. eine

Orientierung an der Zahl derer, die bereits eine Zwischenprüfung abgelegt haben

und nicht, wie bisher, an der Zahl aller Immatrikulierten. Ersteres steigert

natürlich die Quote. Die Gründe dafür, daß viele Studierende ihr Studium jedoch

abbrechen oder an anderen Universitäten weiterführen, werden – mal wieder –

nicht berücksichtigt.

Zwar brüstet sich die Universitätsleitung damit, daß so endlich Stabilität in

die Zuweisungen gerät und daß die UP laut der ersten „Hochrechnung“ mit diesem

Modell in Zukunft mehr Geld zu erwarten hat. Jedoch knüpfen sich diese Gewinne

an sogenannte Sondertatbestände (Sonderzuweisungen für besondere Aufgaben, die

mit staatlichen Zielen bzw. Hochschulprofilen verbunden sind), die selbst nicht

auf „Leistungen“ basieren.

Der Clou daran außerdem: die gewollte „Belohnung von Leistung“ hat einen Haken:

der Topf, aus dem die Mittel dafür kommen sollen, wird in absehbarer Zeit

maximal gleich bleiben. D.h. alle Brandenburger Hochschulen werden um diesen

Betrag konkurrieren müssen und eine ungefähr gleich hohe Leistungssteigerung

aller, führt letztlich dazu, dass niemand mehr Geld bekommt.

Eine Leistungsorientierung wird forciert, die grundsätzlich als richtiger Weg

anzuzweifeln ist. Besonders aber dann, solange die Studienbedingungen

unzureichend sind, die finanzielle Lage von Studierenden nicht abgesichert, die

Zahl derer, die ein Studium überhaupt

beginnen dürfen, gering ist wie momentan….

Von mindestens dreimal so vielen BewerberInnen zum jetzigen Wintersemester hat

die Universität Potsdam 3500 neue Immatrikulationen zugelassen. Diese

Steigerung in den Studierendenzahlen um 14,9 % wird jedoch nicht kompensiert

durch neue Kapazitäten von (nicht)wissenschaftlichen MitarbeiterInnen,

ProfessorInnen, Räumen, Büchern, Computern…

Dazu kommt, dass das Land Brandenburg bis 2019 ca. 40 Mio. Euro einsparen muss.

Davon wird der Bildungssektor nicht weniger betroffen sein als alles andere.

Die Konsequenz: Gespräche über Zusammenlegungen von Hochschulteilen

(Fakultäten) und sogar die Schließung von ganzen Hochschulen bleiben aktuell.

Für die Uni Potsdam wird das besonders dann noch mal spannend, wenn es um die

Fusion von Berlin und Brandenburg gehen wird.

Wir sollten uns jedoch nicht auf diese Argumentationsmuster einlassen. Es geht

hier um Prioritätensetzung und solange das Land in der Lage ist, lustige Dinge

zu finanzieren wie den Sachsenring, ist nicht einzusehen, dass dies zu unseren

Lasten geschieht.

Mit der Einführung des neuen Mittelvergabemodells verknüpfen die

Hochschulleitungen noch weitere Hoffnungen: die zugewiesenen Gelder sollen

einem endlich vollständig globalisiertem Haushalt zugeführt werden. D.h. daß

die inneruniversitäre Verteilung der zugewiesenen Gelder allein durch die

Hochschulleitung bzw. die Rektoren getätigt wird. Keine gute Wahl, meinen wir,

sieht man sich an, daß wir Studierende daran praktisch nicht beteiligt sind und

daß das für die UP bedeutet, daß der gleiche Mann entscheidet, der auch die

katastrophale Situation der Bibliotheken zu verantworten hat.

Außerdem wird so die Verantwortung für die Probleme im Bildungsbereich von der

Landesebene in die entsprechenden Institutionen verschoben. Nicht nur, daß sich

das Land in Zukunft weiter als unschuldig hinstellen wird. Des Weiteren (und

umso schlimmeren) führt dies auch zu inneruniversitären Verteilungskämpfen und

weiterer Entsolidarisierung untereinander. JedeR ist sich selbst die/der

Nächste. Aber so richtig neu ist das ja auch nicht.

Unter all diesen Gesichtspunkten fällt es schwer zu glauben, daß es sich bei

den

Entscheidungsträgern um ehemals selbst Studierende handelt.

Unser Druck auf die Landesregierung darf nicht aufhören und muß stärker werden.

Gerade im von Ministerpräsident Platzeck einberufenen Jahr der Wissenschaft

müssen wir uns lautstark für unsere Belange einsetzen. V.a. müssen wir jedoch

innerhalb der Uni geschlossen auftreten. Nicht nur, aber auch in den

universitären Gremien, in den Fachschaften und Fakultätsräten für die

Verbesserung unserer Studienbedingungen kämpfen!

Lina Weiß  [27. November 2002]

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