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» aktuelles/SPIEGEL: Studiengebührenverbot durch HRG sichert gleiche Lebensverhältnisse



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STUDENTENWANDERUNG DURCH GEBÜHREN (SPIEGEL-Online, 27.03.2004)

Neue Munition aus Berlin

Von Armin Himmelrath

Mit einem neuen Rechtsgutachten legt die Bundesregierung im Streit um die Studiengebühren nach und justiert ihre Strategie. Den Bundesländern, die vor dem Verfassungsgericht gegen das Gebührenverbot klagen, ist das jedoch herzlich egal – sie geben sich trotzdem siegesgewiss.

Eine drohende Gefahr für die von der Verfassung geforderten gleichwertigen Lebensverhältnisse in Deutschland sieht der Jurist Erhard Denninger in den vielen Gebührenmodellen, mit denen es derzeit die Wissenschaftsminister der Länder auf die studentischen Geldbeutel abgesehen haben. Denninger vertritt die Bundesregierung im Verfahren um die Rechtmäßigkeit des Verbots von allgemeinen Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz (HRG).

Denninger sind die vielen unterschiedlichen Gebührenmodelle von Studienkonten über Bildungsdarlehen und Langzeitgebühren bis hin zu Bildungsgutscheinen ein Dorn im Auge. Von einem bildungspolitischen Konsens könne keine Rede sein, die Diskussion um die unterschiedlichen Bezahl-Varianten führe viel eher dazu, dass Studienbewerber abgeschreckt oder in ihrer Studienwahl beeinflusst werden. Da müsse der Bund eingreifen: Ein Verbot von Studiengebühren, so Denningers Schluss, sorge für Sicherheit und bundesweite Vergleichbarkeit bei den Studienbedingungen.

„Würden in einem Bundesland allgemeine Studiengebühren auch für das Erststudium eingeführt, in einem angrenzenden oder auch in einem weiter entfernten Bundesland nicht, dann kann dies entsprechende Wanderungsbewegungen von Studierenden auslösen“, heißt es in der Stellungnahme. Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn ließ dies den Ländern zustellen, die gegen das Gebührenverbot vor dem Verfassungsgericht geklagt hatten.

Die Gebührenbefürworter in den Ländern sehen das Gutachten indes eher als Wasser auf ihre Mühlen. So frohlockten die Juristen im baden-württembergischen Wissenschaftsministerium von Gebührenfan Peter Frankenberg (CDU): „Das neue Argument zeigt, dass die Gegenseite offenbar ihre Chancen vor dem Bundesverfassungsgericht schwinden sieht“, erklärte ein Mitarbeiter des Ministeriums. Der Hinweis auf die vergleichbaren Lebensverhältnissen sei jedenfalls kein Anlass, die Klage gegen das HRG jetzt ruhen zu lassen – im Gegenteil: „Frankenberg geht davon aus, dass wir noch in diesem Jahr ein für uns positives Urteil bekommen.“

Zuversichtlich ist aber auch Peter Ziegler, Sprecher im Ministerium von Edelgard Bulmahn (SPD). Und er verweist darauf, dass die Argumentation in dem aktuellen Schriftsatz nicht etwa neu sei, sondern von der Bundesbildungsministerin auch in der Vergangenheit schon genutzt worden sei. Tatsächlich hatte Edelgard Bulmahn im April 2003 in einem SPIEGEL-Interview erklärt: „Mit dem Grundsatz der Studiengebührenfreiheit sichern wir gleichwertige Lebensverhältnisse im Bundesgebiet. Und das ist eine der zentralen Aufgaben der Bundespolitik.“

Wie und ob sich die Verfassungsrichter in Karlsruhe von dem Argument beeindrucken lassen, muss sich erst noch zeigen. Spätestens im Herbst wird mit dem Urteil zur Rechtmäßigkeit des Verbots von Studiengebühren gerechnet.

Quelle: SPIEGEL-Online

Frank Richarz  [27. März 2004]

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