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» themen/belegpunkte/Der Prozess der Umstellung auf Belegpunkte



Die Studienstrukturreform als Gelegenheit

Zur Zeit findet im Rahmen des Bologna-Prozesses eine Studienstrukturreform statt, die alle Fächer dazu zwingt, ihre Studienordnung durch eine modularisierte Bachelor-/Masterstudienordnung mit Leistungspunkten zu ersetzen. Die Unileitung versucht diese Gelegenheit zu nutzen, um ein selbstgestricktes Belegpunktesystem einzuführen.

In der Bologna-Erklärung wurde von vielen BildungsministerInnen aus ganz Europa die Schaffung eines einheitlicheren Hochschulraums vereinbart. Dieses Ziel soll europaweit bis 2010 erreicht werden. Ausnahmen vom allgemeinen Bologna-Prozess sind die Fächer mit Staatsexamen: An der Uni Potsdam betrifft das zum einen die Rechtwissenschaft, die vorerst nicht modularisiert werden soll, zum anderen die Lehramts-Studiengänge, die schon bis zum Beginn des vergangenen Wintersemesters 2004 fertige, modularisierte Bachelor-/Master-Ordnungen vorlegen sollten. Das Resultat konnte sich wahrlich sehen lassen: Zu Beginn des Semesters existierte keine einzige gültige Ordnung.

Inzwischen sind, wie die Tabelle zum Stand der Einführung von Belegpunkten zeigt, die meisten Lehramts-Studiengänge modularisiert, viele davon bei gleichzeitiger Einführung von Belegpunkten.

Prof. Hassler, Prorektorin für Lehre und Studium, fordert jetzt eine flächendeckende Umstellung der Magisterstudiengänge bis zum Beginn des Wintersemesters 2006/07. Da die Studienordnungen bis dahin die entsprechenden Gremien durchlaufen müssen, soll bis zum 31.05.05 entschieden sein, welche Bachelor- und Master-Studiengänge in der Umstellung eingerichtet werden sollen.

Entwürfe der Studienordnungen sollen von Fächern mit Lehramts-Studierenden bis zum 15.07.05, von allen anderen Fächern bis zum 30.11.05 vorgelegt werden.

Diese Fristen wurden allerdings in keinem offiziellen Gremium der Uni diskutiert, sie entstammen einzig und allein den Überlegungen der Unileitung. Eine rechtlich verbindliche Frist gibt es nicht. Bisher basiert alles auf politischen Willensbekundungen, die natürlich Gewicht haben. Aber weder im Hochschulrahmengesetz, noch in einer Verordnung sind rechtliche verbindliche Termine (ob nun 2005 oder 2010) zu finden.

Uni Potsdam im deutschlandweiten Vergleich

Im Gegensatz zu anderen Unis in Deutschland läuft die Studienstrukturreform an der Uni Potsdam eher schleppend, schwerfällig und chaotisch. Zuständige für die neuen Studienordnungen werden in den Instituten oft unfreiwillig ausgewürfelt, Studierende werden oft nicht in den Prozess einbezogen. Die Informationen sind oft rechtlich nicht abgesichert und widersprüchlich, die Unileitung versucht sich verstärkt in die Angelegenheiten der Institute einzumischen, und die Institute stellen dies aus reiner Bequemlichkeit oft nicht in Frage. Dieser unmotivierte, technokratische Prozess hat zur Folge, dass sich die Studienordnungen möglichst stark an den alten Ordnungen orientieren, Module nicht inhaltlich durchdacht werden und die Leistungspunkte für Lehrveranstaltungen nicht nach dem realen Arbeitsaufwand für die Lehrveranstaltungen, sondern durch taktisches Hin- und Herschieben innerhalb einer Studienordnung vergeben werden.

Im krassen Kontrast zu diesen „Alltagsproblemen“ an der Uni Potsdam bei der Studienstrukturreform, versucht die Unileitung dem deutschlandweiten Zeitrahmen noch vorauszueilen. Sie hat sich bei der Ausschreibung des Förderprogramms der Hochschulrektorenkonferenz „Bologna-Experten für deutsche Hochschulen“ beworben und wollte dazu alle Studiengänge statt bis 2010 schon bis 2007/08 auf Bachelor und Master umgestellt haben. Inzwischen hat sich jedoch entschieden, dass die Uni den Zuschlag zu diesem Förderprogramm nicht bekommen hat.

Es ist nicht verständlich, wieso die Unileitung trotz erheblichen Diskussionsbedarfs und ernstzunehmender Gegenpositionen die Studienstrukturreform im Allgemeinen und das Belepunktemodell im Speziellen so hastig vorantreibt.

Belegpunkte nicht ohne online-Einschreibung

„Das Belegpunktsystem setzt voraus, dass alle Lehrveranstaltungen elektronisch dezentral (Terminals, Computerpools, Internet) belegt werden. Die logistischen Voraussetzungen dafür werden an der Universität Potsdam gerade geschaffen. Die Lehrenden erhalten dann Teilnehmerlisten ihrer Veranstaltungen online und tragen zum Semesterende für jeden einzelnen Studierenden den Erhalt der Leistungspunkte ein sowie gegebenenfalls die erzielte Note.“

aus dem „Rahmenwerk zur Modularisierung der Studiengänge und Einführung eines Leistungspunktsystems an der Universität Potsdam“ vom 02.02.04

http://www.uni-potsdam.de/studienreform/Rahmenwerk020204.pdf

Der zusätzliche Verwaltungsaufwand durch die Punktemodelle soll durch die Einführung von elektronischen Verwaltungssystemen abgefangen werden. Bisher wurden an zwei Instituten der Uni online-Einschreibungen und online-Prüfungsanmeldungen eingeführt. An diesem System üben die VertreterInnen der Studierendenvertretung scharfe Kritik, da es soziale Selektion verschärft und zusammen mit den Belegpunkten „gläserne Studierende“ schaffen soll. Es kann nicht sein, dass z.B. die Zulassung zu einem Seminar an dem individuellen Zugang zum Internet hängt (First come, first in, Onlineeinschreibeverfahren nach dem Motto:, wer zuerst kommt, mahlt zuerst). Hier werden soziale Barrieren aufgebaut, die weitere Probleme schaffen, statt bestehende zu lösen. Weitere Informationen zur online-Einschreibung finden sich auf der Homepage des AStA.

Gremienlaufbahn einer Studienordnung

Die neue Studienordnung wird wird zunächst im Institut bzw. im Fachbereich diskutiert. Danach durchläuft sie eine Gremienlaufbahn:

Fakultäts-LSK (in der Math-Nat- und der Phil-Fakultät)

Fakultätsrat

Senats-LSK (Kommission für Lehre und Studium)

Senat

Rektor

Rechtsaufsicht durch das Ministerium

Sechs der dreizehn Mitglieder der Senats-LSK sind studentisch. Diese lehnen Studienordnungen, die Belegpunkte enthalten, zum Teil ab oder enthalten sich. Oft wird jedoch der Rat der LSK vom Senat übergangen und dieser empfiehlt dem Rektor Studienordnungen, bei denen die LSK ernsthafte Bedenken hatte. Aber auch wenn sich der Senat der Kritik anschließt, kann der Rektor Studienordnungen einfach verabschieden: Laut Brandenburgischem Hochschulgesetz müssen nur der Fakultätsrat und der Rektor einer Studienordnung zustimmen.

Ein paar Notizen zum Schreiben einer Studienordnung

Studienordnungen sind Angelegenheit des Instituts, nicht der Unileitung!

Das Institut kann die Studienordnung individuell gestalten, detaillierte Mustervorgaben sind nicht sehr sinnvoll. Vielmehr kann es nur darum gehen, Regelungen für Praktika, Auslandssemester etc) vorzugeben, damit jegliche Studienordnung studierbar bleibt.

Informationen der Unileitung sind oft umstritten und nicht immer rechtlich bindend. Auskunft über die Rechtslage oder die Studierbarkeit können auch die anderen Mitglieder der Senats-LSK oder die (Studien-)Dekane der Fakultäten geben, Kontaktadressen s.u.

Es ist sinnvoll, rechtzeitig mit diesen Leuten den Kontakt aufzunehmen. Wenn eine Ordnung einmal das Institut verlassen hat, möchten sich die AutorInnen, auch bei gutem Rat der zuständigen Gremien, oft nicht noch einmal an die Arbeit machen.

Gerade für Fachschaftsräte ist es ratsam, mit den studentischen Mitgliedern des Fakultätsrats und der Senats-LSK die Verbindung aufzunehmen und sogar zu den Sitzungsterminen, in denen die Ordnung besprochen wird, anwesend zu sein.

Wer vom Institut/ Fachbereich ist zuständig für die neue Studienordnung?

Wer aus dem Fachschaftsrat ist zuständig?

Wird der Fachschaftsrat in den Informationsfluss mit eingebunden (regelmäßige Treffen, Aufnahme in Mailverteiler etc.)?

Wie sieht die Studienordnung dieses Faches an anderen Unis aus? Wie haben andere Unis z.B. die Module ausgestaltet? Fachschaftsräte können sich hier auch an die BuFaTas (BundesFachschaftenTagungen), die es für fast alle Fächer gibt, wenden.

Die Umstellung der Studienordnung ist eine gute Gelegenheit, die Inhalte des Studienganges kritisch zu hinterfragen und z.B. interdisziplinäre Elemente einzubauen.

Studienordnungen sind nicht entgültig, sondern immer in einem Entwicklungsprozess. Es ist zu erwarten, dass die ersten Erfahrungen mit einer umgestellten Studienordnung neue Erkenntnisse bringen und die Studienordnung auch später noch angepasst und verändert werden sollte.

Ute Rühling  [1. März 2005]

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