Logo

» aktuelles/PISA-Schock II – Das Bildungssystem funktioniert



Lieber Leser,
dieser Text ist archiviert. Enthaltene Aussagen und Angaben können inzwischen veraltet oder falsch sein.
Bitte beachte deshalb das Erstellungsdatum (unten auf der Seite). Falls sich zum Thema kein neuerer Text findet, erkundige Dich bitte per E-Mail (AStA-Adresse links) bevor Du Dich auf diese Angaben verlässt.

Nach der offiziellen Vorstellung der neuen PISA-Studie scheint das Land gespalten. Ein Aufschrei der Empörung eint die Einen: “Das deutsche Bildungssystem ist sozial ungerecht.” Die mahnende Bremsung der anderen, zu denen auch Annette Schavan, designierte Bildungsministerin einer kommenden Großen Koalition, gehört, ziehen mahnend die Bremse: “Das Bildungssystem ist nicht sozial ungerechter als bei der letzten PISA-Studie. Und die Leistung des deutschen Bildungswesens hat sich verbessert ”

Was sollen wir davon halten? Dreht sich jetzt Bildung um soziale Gerechtigkeit – ist die Zeit des dreiteiligen Schulsystems in vielen Bundesländern, die Zeit der Elitenbildung und Exzellenz-Initiativen abgelaufen? Oder wird nach dem Aufschrei der Entrüstung schnell die Alltäglichkeit der pädagogischen Realität in Deutschland wieder einkehren?

Die Zahlen sind erschreckend und “international herausragend“: In Bayern hat ein Kind aus reichem Elternhaus eine 6,55 mal größere Chance das Abitur und damit die Hochschulzugangsberechtigung zu erwerben als ein Kind von MigrantInnen oder ArbeiterInnen. Brandenburg hingegen schneidet am besten ab. Nur 2,38 mal so große Chancen. Eine Analyse der Ursache dieser Unterschiede steht noch aus. Es bleibt fraglich, ob die kulturellen Unterschiede, die den Möglichkeiten “erfolgreich” am leistungsorientierten Schulunterricht teilzunehmen, entegegen stehen, ohne große Reformen behoben werden können.

Und was hat ein Artikel über die PISA-Studie auf der Homepage des AStA zu suchen? Geht es da nicht um Schule?

Der Bogen spannt sich weiter. Das Schnippen seiner Sehne schreibt sich nieder in der niedrigen Repräsentanz von Kindern aus ärmeren Schichten an den Hochschulen. Hier nimmt Brandenburg wiederum keine Sonderposition ein: “Zugleich ist die soziale Selektivität der Entscheidung pro Studium in Brandenburg deutlich stärker ausgeprägt als in den neuen Ländern insgesamt” heißt es in der Kurzinformation A 2 / 2003 der Hochschul-Informations-System GmbH. Kinder aus der niedrigen Schicht sind laut der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks von 2003 gerade einmal mit 11% vertreten. Hier scheinen wieder soziokulturelle, schichtabhängige Unterschiede zu wirken, die Kinder ärmerer Elternhäuser von der Entscheidung für ein Studium abbringen.

Der Kreis schließt sich mit einem weiteren Blick. Schließlich ist das Bildungssystem im Großteil der Bundesrepublik mit seinen Abstufungen innerhalb des sekundären Bildungssektors zwischen GymnasiastInnen und Haupt- oder RealschülerInnen auf eine Auslese der Leistungsstärkeren statt auf Abbau von Leistungsunterschieden ausgelegt. Die Universitäten sind nur eine Stufe in diesem Prozess. Der gängige Diskurs rekurriert auf die Förderung von Bildungseliten um im “Wettbewerb um die besten Köpfe” nicht das Nachsehen zu haben. Und: “Alle können nicht die Besten sein.”

Also wozu der Aufschrei?: Das Bildungssystem funktioniert! Die Leistungen des deutschen Bildungssystems hat sich verbessert!

Sören Becker  [3. November 2005]

« zurück zur letzen Seite | zum Seitenanfang