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» themen/hochschulpolitik/Grußwort des AStA zum MultimeDies 2007 der Universität Potsdam



Liebe Gäste unserer Universität,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

„Wir gehen multimedial. Wer kommt mit?“, der Titel kommt so unverdächtig, ja fast schon kindlich naiv daher.

Als Vertreter der Studierenden mit Begeisterung für neue Kommunikationsformen werde ich spontan verlockt, stellvertretend für alle Studierenden zu Ihrer Begrüßung auszurufen: Wir natürlich! Bevor ich das tue, muss ich dann aber doch noch eine Frage aufwerfen:

Ja, wohin denn?

Glaubt man dem Programm der heutigen Veranstaltung, dann ist es eine Welt mit Tele-Teachings, Bild-Telefonie, Online-Tutoren, automatisierten Lernniveaukontrollen und internetbasierten Eignungstests, wo in virtuellen Formen akademischer Mobilität unter anderem Philologie – womöglich vermittelt über den Personal Friend Finder – auf Technologie trifft.

Dabei geht es nicht nur um die Integration von Modulen in Programme, sondern vor allem auch von Menschen in die wachsende multimediale Gesellschaft.

Auf dass es niemandem so gehe, wie es den ersten Eisenbahnreisenden erging, von denen berichtet wird, dass sie unter dem Eindruck der vorüber ziehenden Landschaft meist in tiefen Schlaf verfielen.

In der neuesten Ausgabe der Zeitschrift „Ästhetik und Kommunikation“ findet sich zum multimedialen Lernen die Aussage, dass es weniger an den technischen Möglichkeiten fehle als an Ideen zu ihrer sinnvollen didaktischen Nutzung.

Der MultimeDies der Universität Potsdam hat sich genau dieser Frage, der didaktisch integrierten Nutzung von Multimedia, gewidmet, seit er im Jahr 2000 zum ersten Mal stattfand – und damals noch mit heute etwas niedlich klingenden Themen wie „Praktische Erfahrungen mit Video-Conferencing“ oder – freilich damals schon mit einem Augenzwinkern – „Wie kommt mein Fax an die Uni auf mein Handy nach Australien“.

Die Universität soll Lernen lernen.

Lernen heißt experimentieren und aus – funktional, aber auch „moralisch“ erkannten – Fehlern lernen, diese zukünftig zu vermeiden.

Beim Gedanken an automatisierte Lernniveaukontrollen und internetbasierte Eignungstests würde ich mir als Studierender freilich wünschen, dass Fehler möglichst antizipatorisch vermieden werden, also bevor die Programme auf die Studierenden losgelassen werden.

Das wäre vielleicht beim elektronischen Lehrveranstaltungsbelegungssystem Puls nicht schlecht gewesen. Und auch der Fall, dass eine Hochschullehrerin auf die Idee kam, die Statistikfunktion bei Blackbord zur Prüfung der virtuellen Anwesenheit und anschließend zur Notenermittlung zu nutzen, ist aus Sicht der Studierendenschaft ein solcher Fehler, aus dem zu lernen ist.

Da es bei dieser Veranstaltung auch um Orientierung gehen soll, kann ich mir die folgenden Bemerkungen nicht verkneifen:

Wahrscheinlich war es seit Erfindung der modernen Informationstechnologie nie so wenig elitär, sich ihrer Entwicklung zu widmen, wie im Zeitalter des „Web 2.0“, des dezentralen, demokratischen Web, in dem die Mächte im Kampf um geistiges Eigentum und Wissensallmende, Meinungsmonopol und Meinungsvielfalt, Datenfreiheit und Datenschutz mitunter seltene Symmetrien bilden. Das soll auch so bleiben.

Doch stellt auch der (N)ONLINER-Atlas – mit „N“ in Klammern – 2006 erneut einen „digitalen Graben durch Deutschland“ besonders entlang der Bildungsabschlüsse fest. Und es bleiben auch die Frauen zahlenmäßig weiter hinter ihren männlichen Artgenossen zurück. – Auch hier im Raum, wenn ich das richtig sehe.

Es muss bei der Entwicklung didaktischer Methoden das Ziel im Auge behalten werden, überproportional mehr Frauen multimedial gehen zu lassen. Die Universität muss LehrerInnen ausbilden, die fähig sind, ihre SchülerInnen in die multimediale Gesellschaft mitzunehmen, JuristInnEn, die multimediale Sachverhalte recht erfassen, und InformatikerInnen, die an die genannten Aspekte denken.

Herr Professor Laabs hat in seiner Einladung von den Veränderungen der Wahrnehmung, neuen Sensibilitäten geschrieben. Diese Veränderungen sollen keiner anonymen Macht in der Wolke des Fortschritts anhängen, niemanden überwältigen. Wir sind an den Universitäten in der Pflicht, Bewusstsein für diese Fragen zu entwickeln und vor allem zu verbreiten.

Leisten wir unseren Beitrag, dass die beschleunigte Gesellschaft nicht an Bewusstsein verliert, wie die ersten Eisenbahnreisenden, schon gar nicht hier in diesen Räumen, den Räumen der Universität.

„Wir gehen multimedial. Und ihr seid dabei.“, sagen die Organisatoren dieser Veranstaltung, zu der ich Sie im Namen der Studierenden begrüßen darf.

Dieser teleologische Realismus schließt alle mit ein: die Studierenden, die DozentInnEn, die Verwaltung und den sog. Mittelbau, VertreterInnen der IT-Wirtschaft und die interessierte Öffentlichkeit.

Da sind wir dabei!

Und somit wünsche ich Ihnen recht herzlich zahlreiche Erkenntnisse im gemeinsamen Lernen! Ein Herzliches Willkommen und einen schönen Tag hier!

Jörg Schindler  [24. Januar 2007]

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