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Leitartikel der asta.zeitung 04/07: „UnsICHtbares Ich … “

Seelische Schwierigkeiten im Studium – Hemmschwellen überwinden!

Warum dieses Thema als Thema der Studierendenvertretung?

Diese Zeitung möchte zwei Erkenntnisse befördern: erstens es kann jede und jeden treffen, zweitens man sieht es der betroffenen Person nicht an. Studierende sind statistisch eine Risikogruppe. Die Hochschule, das sind vor allem die Studierenden selbst, kann psychische Gesundheitsvorsorge leisten.

Wann ist „Stress“ schon ein „echtes Problem“, wann eine „psychische Störung“ oder schon „krankhaft“? Solche Differenzierungen sind vielleicht für Krankenkassen wichtig. In der Sache sind sie es nicht. Jeder Stress kann schon am nächsten Tag ein echtes Problem geworden sein.

Öffentlich, z. B. in der Hochschule, bleibt das Thema komplexbeladen. Es gilt einen Sachverhalt zu „outen“, dessen nachteilige Folgen man fürchtet. Wer weiß schon, was die Leute hinter dem eigenen Rücken über einen reden? (Über das „Andere“ wird eigentlich immer gern geredet!) Oder ob die Nachbarin im Labor nicht später über die eigene Bewerbung entscheidet?

Dass man für alte und gebrechliche Menschen auch im Bus zur rush hour Platz macht, dass man KommilitonInnen mit Gips unter die Arme greift, dass man der lesbischen Freundin während des „Outings“ beisteht – gehört zwar mittlerweile zum menschlichen Anstand. Was aber ist mit dem Verständnis für psychologische Schwierigkeiten? Als innere Probleme scheinen sie zu Unrecht unberechenbar, unverständlich.

Das „Stigma“ psychischer und anderer Handicaps muss beseitigt werden. Der AIDS-kranke Richter am südafrikanischen Obersten Gerichtshof Edwin Cameron sagte einmal, „verstörender und unbeherrschbarer“ als der körperliche Verfall sei das „innere Stigma“, das Scham erzeugt, indem es in vorauseilendem Gehorsam die gesellschaftliche Ächtung vorwegnimmt.

Über die Psyche der Studierenden im Unialltag wird mittlerweile gesprochen. Es wird ein Problem erkannt, das immer größere Bedeutung erlangen werde. Aber bislang sind es vor allem überregionale Medien, die sprechen, oder die ganz privaten Kreise (das erleben übrigens auch die Mitglieder des AStA!).

Sprechen wir darüber, wie an der Uni, unserem Arbeits- und Lernort etwas dafür zu bewegen ist, dass die Seele geschont wird. Bringen wir das Thema an die Uni, damit auch uns selbst immer bewusst ist, wie wenig wir im Hörsaal eigentlich über die Sorgen der Menschen neben uns wissen. Nur eine Hochschule, die echte Offenheit für die menschlichen, auch problematischen Eigenheiten der anderen fördert, ist eine wirklich hohe Schule.

Den Anfang macht diese AStA-Zeitung, in der Menschen mit „unsichtbaren“ Problemen zu Wort kommen und solche, die mit ihnen zu tun haben. Der AStA möchte zeigen, dass sich dieses Thema lohnt. Und dies soll nur der Anstoß sein für weitere Gespräche in und jenseits der Hochschulpolitik.

Jörg Schindler  [28. Mai 2007]

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