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Martin Seiffert von Jusos zum Hochschulgesetz

Herr Seiffert, neben der Linken und den Studierendenvertretern kritisieren nun auch die Jusos der Uni Potsdam die Novelle des brandenburgischen Hochschulgesetzes. Was stört Sie an der Neufassung?

Wir halten die geplanten Änderungen des Hochschulgesetzes in der bisherigen Form für untragbar. Die angestrebte stärkere Hochschulautonomie darf nicht zu einer Stärkung der Exekutivbefugnisse gegenüber den Gremien der akademischen Selbstverwaltung führen. Wir stehen mit unseren Kritikpunkten nicht alleine da. Wie sich im Wissenschaftsausschuss des Landtages zeigte, stehen Experten sowohl in der Hochschulverwaltung, bei den Studierendenschaften als auch den Gewerkschaften zahlreichen geplanten Änderungen des Hochschulgesetzes kritisch gegenüber.

Sie halten die Interessen der Studierenden durch den Entwurf für das neue Hochschulgesetz für gefährdet?

Das Gesetz muss dringend dahingehend überarbeitet werden, die wirksame Mitbestimmung aller Statusgruppen zu gewährleisten. Zudem muss die politische Mitgestaltung der Studierenden auch auf Landes- und Bundesebene ausgebaut werden. Die aktive Teilhabe der Studierenden und die Artikulation ihrer Interessen sind Bedingungen für eine fortschrittliche Gesellschaft. Unter gelebter Hochschuldemokratie, also der wirksamen Teilhabe an hochschulinternen Entscheidungsfindungen, verstehen wir die nach Statusgruppen gleichberechtigte und gleichstarke Besetzung der zu wählenden Gremien. Nur so wird den Betroffenen ermöglicht, ihre Interessen und Bedingungen zu verbessern. Dafür müssen die Paragraphen 62 und 70 im neuen Gesetz-Entwurf geändert werden und ein demokratisches Mitbestimmungsrecht für alle Statusgruppen gesetzlich festgelegt werden.

Ihnen missfallen auch geänderte Fristen.

Die neue Regelung in Paragraph 20, die es den Hochschulen zukünftig ermöglichen soll, Studierende nach Ablauf einer willkürlich festzulegenden Frist zu exmatrikulieren, lehnen wir ab. Solche restriktiven Regelungen schrecken junge Menschen von der Aufnahme eines Studiums ab und führen ebenso wie die Einschränkung des Zugangs zum Masterstudium zu einer noch geringeren Studierquote. Der extrem geringen Bruttostudierquote und dem damit verbundenen Fachkräftemangel in Brandenburg muss entgegengewirkt werden. Unverständlich ist für uns vor allem, wieso in Brandenburg restriktivere Zulassungsbeschränkungen eingeführt werden als in Berlin. Wir fordern eine Regelung im Hochschulgesetz, die den Übergang vom Bachelor- in die konsekutiven Masterstudiengänge für alle möglich macht. Das neue Hochschulgesetz scheint nicht das Ziel zu haben, Bildungshürden abzubauen, sondern durch den jetzigen Entwurf wird für die Hochschulen die Verankerung von Zulassungsbeschränkungen quasi zur Pflicht. Um die Kapazitäten, die beim Übergang vom Bachelor zum Master zur Verfügung stehen, erschöpfend zu nutzen, sollte sich hier ein Beispiel an der Regelung im Berliner Hochschulgesetz genommen werden.

Also eine Öffnung der Hochschulen?

Genau. Eine größere Öffnung erfordert allerdings Flexibilität. Die Möglichkeit des Teilzeitstudiums ist ein wichtiger Ansatz, der aber in unseren Augen noch zu wenig ausgeführt ist. Um problematische Lebenslagen absichern zu können, brauchen wir die Möglichkeit, dass Studenten sich semesterweise zwischen Voll- und Teilzeitstudium entscheiden können – wie es schon an der BTU Cottbus praktiziert wird.

Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten vom 12.09.2008

Tamás Blénessy  [12. September 2008]

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