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Ein massiver Anstieg der Studentenzahlen bringt die Universität Potsdam offenbar an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit: Zum gerade begonnenen Wintersemester schrieben sich mit 4800 Studienanfängern etwa 1000 Studenten mehr als im Vorjahr ein. Besonders betroffen sind die Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften, aber auch Latein und Mathematik.

„Bei uns in der Politikwissenschaft sind die Seminare überfüllt, weitere mussten eingerichtet werden. Bei den Mathematikern sitzen statt der üblichen gut 300 Hörer mittlerweile doppelt so viele Studenten in den Vorlesungen“, sagt Politik-Erstsemesterstudentin Lisa Maschke. Sie ist nach Potsdam ausgewichen, weil sie in Berlin ihren Wunschstudienplatz nicht bekam.

Zumeist handelt es sich bei den überbelegten Studiengängen um sogenannte offene Fächer, bei den der Zugang nicht durch einen Numerus Clausus, sprich eine bestimmte Abiturdurchschnittsnote, reguliert ist.

HOHE ATTRAKTIVITÄT

Was den überdurchschnittlichen Andrang auf die Potsdamer Universität ausgelöst hat, ist dem Präsidium noch unklar. „Neben der durchaus gefestigten Attraktivität der Uni dürfte es auch das schwer berechenbare Wechselspiel zwischen der jährlich mit dem Ministerium abgestimmten Studienplatzzahlen und der Menge der tatsächlich zugelassenen Bewerber sein“, sagte Universitätssprecherin Janny Armbruster. Da viele Studieninteressenten gleich bei mehreren Hochschulen Bewerbungen einreichten, um ihre Erfolgschance zu erhöhen, erhielten sie oft auch mehrere Zusagen. So sei schwer einschätzbar, welcher Bewerber dann tatsächlich in Potsdam ein Studium aufnehme. Aus diesem Grund, so Armbruster, würden die Fakultäten ihre Kapazitäten oft bewusst überbelegen, um den Verlust von „Abspringern“ auszugleichen – und zwar möglichst so, das am Ende eine möglichst optimale Auslastung in den Seminaren und Vorlesungen erzielt werde. „In diesem Jahr aber haben offensichtlich überdurchschnittlich viele Studenten ihren reservierten Platz in Potsdam auch wirklich in Anspruch genommen“, so Armbruster weiter.

Trotz grundsätzlicher Zufriedenheit über die rege Nachfrage will die Potsdamer Universität als größte Hochschule des Landes jedoch Konsequenzen aus der Erstsemesterwelle ziehen. „Nächstes Jahr können wir diese Steigerung nicht mehr hinnehmen. Wir sind faktisch völlig überlaufen“, betonte die Universitätssprecherin. Nicht ausgeschlossen scheint damit die Einführung von Zulassungsbeschränkungen für bislang freie Fächer. Laut Wissenschaftsministerium sind etwa 35 Prozent aller im Bundesland vorhandenen Studienangebote mit einem Numerus Clausus belegt. Vor knapp zehn Jahren seien es mit bis zu 70 Prozent schon einmal deutlich mehr gewesen. „Wenn die Hochschulen und Universitäten diese Wünsche gut begründet an uns herantragen, prüfen wir das und kommen dabei meist zu einer einvernehmlichen Entscheidung mit dem Antragsteller“, sagte Ministeriumssprecher Holger Drews.

Für den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) als Vertretung der Potsdamer Studierenden wäre das keine Lösung. „Das Budget von 80 Millionen Euro müsste verdoppelt werden. Die Personalausstattung reicht nur für die Hälfte aller rund 20 000 Studierenden. Zwar freuen wir uns auch über viele Studierende, doch wir glauben, dass die Uni sich bis zu den 2012 erwarteten Folgen des Geburtenknicks ordentlich mit Studierenden voll saugen will, um ihre Auslastung zu sichern“, sagte AStA-Referent Tamás Blénessy.

ZUSÄTZLICHE DOZENTEN

Das Präsidium der Universität reagierte auf die aktuelle Lage mit einem „Sofortprogramm“. Es stünden insgesamt 350 000 Euro zusätzlich aus Mitteln des bundesfinanzierten „Hochschulpaktes 2020“ bereit. Damit könnten die Fakultäten Dozenten für zusätzliche Lehrveranstaltungen, Tutoren zur Studienbetreuung und weitere Online-Angebote finanzieren. Im Frühjahr 2009 folge ein mittelfristig angelegtes Programm. Unklar blieb, wie das Platzproblem gelöst werden soll. Dem AStA zufolge sind die Räume zu 265 Prozent ausgelastet.

Das Landeswissenschaftsministerium begrüßte das Sofortprogramm. „Die Mittel sollen ja die Belegungszahlen der Universitäten in den neuen Ländern trotz sinkender Bevölkerungszahlen auf dem Niveau von 2005 halten bei Wahrung der Qualität von Forschung und Lehre“, so Ministeriumssprecher Drews.

Quelle: Berliner Morgenpost vom 31.10.2008

Tamás Blénessy  [31. Oktober 2008]

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