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Kritik an der Novelle des Landeshochschulgesetzes

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat das Landeshochschulgesetz schon vor seiner Verabschiedung als modernstes seiner Art gelobt. In der kommenden Woche soll die Novelle nun vom Landtag verabschiedet werden. Auch Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) ist mit dem überarbeiteten Gesetz zufrieden, ermögliche es doch sogar das Studieren ohne Abitur. Ganz so einfach war die Entstehung der Novelle aber nicht. Es gab erheblichen Nachbesserungsbedarf, die für Oktober geplante Verabschiedung musste verschoben werden. Es blieben noch einige Streitpunkte, so der durch eine Mindestnote begrenzte Übergang vom Bachelor- zum Masterstudium, die Möglichkeit zum Teilzeitstudium und die Zusammensetzung der Hochschulgremien.

Nach der Sitzung des Wissenschaftsausschusses am vergangenen Mittwoch zeigte sich die Opposition nun enttäuscht. Zwar habe die Koalition Anträge auf Nachbesserungen bei der Schließung von Hochschulen, der besonderen Berücksichtigung von Hochschulmitgliedern mit pflegebedürftigen Angehörigen, der Ermöglichung des Teilzeitstudiums und der Förderung der Lehrkompetenz beschlossen. Aber gerade die heikelsten Punkte sind nach Auskunft des hochschulpolitischen Sprechers der Linken, Peer Jürgens, außer Acht geblieben.

Eine klare Ablehnung von Studiengebühren im Gesetzestext sei nicht vorgesehen, auch nicht der freie Zugang zum Masterstudium. Die 51-Euro-Rückmeldegebühr bleibe erhalten, die Möglichkeiten der Studierendenschaften würden nicht erweitert und auch die zwangsweise Exmatrikulation bei Fristüberschreitung von Prüfungen soll im Gesetzestext bleiben.

„Die Koalition hat die Chance verpasst, das Hochschulgesetz wesentlich zu verbessern“, sagte Jürgens den PNN. Weder für sozial benachteiligte Studierende noch für prekäre Beschäftigte würden größere Verbesserungen erreicht, der Demokratie-Abbau an den Hochschulen bleibe bestehen und es werde kaum zu Verbesserungen in der Lehre kommen. „Die SPD ist mit ihren hohen Forderungen vor Ministerin Wanka und der CDU eingeknickt“, wertete Jürgens das Ergebnis des Ausschusses. So habe die SPD angekündigte Änderungen zur umstrittenen Lehrprofessur und zur Freigabe der Organisationsstruktur der Hochschulen unterlassen. „Die SPD lässt damit die Studierenden und auch die Hochschulen allein.“

Für den Studierendenausschuss (AStA) der Uni Potsdam ist die Novelle des Gesetzes schon lange eine Kampfansage. Zusammen mit den anderen Studierendenvertretungen in Brandenburg hatte man 1200 Unterschriften gegen das neue Gesetz gesammelt. Vor allem eine Neuerung wird kritisiert: wenn Studierende Fristen zu Prüfungen nicht einhalten, droht ihnen in Zukunft die Exmatrikulation. Da viele Studierenden sich ihren Lebensunterhalt zumindest teilweise selbst verdienen müssen, sieht der AStA hier ein großes Problem. Studierende, die gezwungen sind, Studium und Arbeit unter einen Hut zu bekommen, blühe nach Überschreitung der Regelstudienzeit nun der Rauswurf, erklärte Malte Clausen vom bundesweiten Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren (ABS). „Das ist eine Riesen-Schweinerei, in keinem anderen SPD-geführten Bundesland gibt es derartig restriktive Regelungen“, schimpft der Potsdamer Student.

Ähnlich verhält es sich mit dem Übergang vom Bachelor- zum Master-Studium. Wenn hier wie geplant Mindestnoten als Voraussetzung eingeführt würden, stehe dies im Widerspruch zu dem Ziel, die Studierendenquote zu erhöhen. „Zu bedauern sind die armen Bachelorstudierenden, die dann strukturell ins Unglück getrieben würden“, so Sebastian Serafin vom AStA.

Beim Wissenschaftsministerium freut man sich indes über die Modernität des Gesetzes. Die Freigabe der Organisationsstruktur, die Änderungen der Personalkategorien, ein Studium ohne Abitur und das Juniorstudium für begabte Schüler würden das Gesetz auszeichnen, erklärte Holger Drews, Sprecher des Ministeriums. Die beabsichtigte Einführung einer Lehrprofessur war bei der Universität Potsdam auf wenig Gegenliebe gestoßen. „Dadurch wird das entscheidende Merkmal universitärer Lehre, die Einheit von Forschung und Lehre, erheblich beeinträchtigt“, heißt es von der Hochschule. Denn ein sogenannter „Lehrprofessor“ sei ausschließlich für die Lehre da, womit seine Studenten keinen Kontakt mehr zur Forschungsarbeit hätten.

Wissenschaftsministerin Wanka weiß die Kritik an dem Gesetz abzumildern. So sagte sie den PNN, dass „in nächster Zeit“ in Brandenburg keine Studiengebühren eingeführt werden sollen. Beim Übergang zum Masterstudium halte man sich an die Vorgabe der Kultusministerkonferenz, im Übrigen liege die Regelung im Ermessen der einzelnen Hochschule „Es gibt keine Quoten in Brandenburg, wir haben auch keine Strafgebühren für Langzeitstudenten“, so Wanka. Auch die Fristenfrage und die Einführung der Lehrprofessuren liege im eigenen Ermessen der Hochschulen, erläuterte Ministeriumssprecher Drews.

Bleibt abzuwarten, was sich vor der beabsichtigten Lesung im Landtag noch tut. Der Protest in der Studierendenschaft brodele, formuliert der Präsident des Studierendenparlamentes, Matthias Wernicke, vieldeutig.

Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten vom 14.11.2008

Tamás Blénessy  [14. November 2008]

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