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Die Uni hat das umstrittene Belegpunktesystem gekippt, Studierende fürchten aber weiter um ihr Studium

Ein langer Kampf geht langsam zu Ende. Der Streit um das Belegpunktesystem an der Universität Potsdam mit dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) wird nächste Woche voraussichtlich zum letzten Mal vor Gericht gehen. „Warum sie diesen verbitterten Kreuzzug immer noch weiterführen müssen, weiß ich nicht“, sagt Thomas Grünewald, Vizepräsident für Studium und Lehre. Mit seiner Klage wolle der AStA vor allem weitere „Zwangsexmatrikulationen“ verhindern, so AStA-Sprecher Tamás Blénessy. Obwohl die Uni an den AStA appelliert habe, weil das Belegpunktesystem ohnehin abgeschafft werde, wollen die Studierendenvertreter die Klage nicht fallen lassen, sagt Grünewald.

Dabei waren gar nicht alle Studierenden gegen das Belegpunktesystem. „Das Instrumentarium wurde einfach nicht richtig ausgestaltet“, sagt Uwe Kietzmann vom Fachschaftsrat der Wirtschaftswissenschaften. Vor allem die Anzahl der Punkte, die Studierende für eine Prüfung einsetzen müssen, sei oft einfach zu gering. Dadurch werde die Wiederholbarkeit mancher Prüfungen stark eingeschränkt, erklärt Kiezmann. Deshalb solle voraussichtlich ab dem 1. Oktober 2009 wieder eine neue Prüfungsordnung gelten, sagt Vizepräsident Grünewald. Die Universität kehrt dann in gewisser Weise zu ihrem alten System zurück. Denn Studierende können dann wieder jede Prüfung insgesamt dreimal schreiben.

„Ich hätte das System gar nicht erst eingeführt“, sagt der Vizepräsident, der bei dessen Einführung noch gar nicht im Amt war. Dass diese Methode der Leistungserfassung nicht flächendeckend an der Universität eingeführt worden sei, hätte dann für zusätzliche Probleme gesorgt. „Ein Sonderweg macht auch im Vergleich mit nationalen Standards keinen Sinn“, betont er. Doch viel schlimmer sind für den AStA-Sprecher Blénessy die „Zwangsexmatrikulationen“ an der Universität. „Besonders die höheren Semester haben mittlerweile ihre Belegpunktekonten aufgebraucht“, sagt er. Allerdings könnten solche Studierenden wahrscheinlich auch in einem anderen Prüfungssystem nicht weiterstudieren, betont Grünewald. „Ein Studium ist eben kein System ohne Verbindlichkeiten“, sagt er. Ob die Politik der Studierendenvertretung für die Mehrheit der Studierenden stehe, sei fraglich, sagt er.

Befürworter eines Belegpunktesystems wie Uwe Kietzmann sehen auch Vorteile in dem System. Beispielsweise können Studierende in den Wirtschaftswissenschaften, Prüfungen im Bereich der „Schlüsselqualifikationen“ so oft wiederholen wie nötig. Zusätzlich ermögliche das System, dass punktuelle Probleme leichter zu beheben seien, indem Studierende ihre Punkte an Schwachstellen vermehrt einsetzen. Doch leider seien die Belegpunkte häufig zu eng bemessen worden, und reichten dann in manchen Studiengängen einfach nicht mehr aus. „Das System wurde einfach nicht richtig eingesetzt“, sagt Kietzmann. Zudem gebe es nicht einmal zwischen den Fakultäten eine einheitliche Bemessungsgrundlage, wie viele Punkte Studierende überhaupt einsetzen müssen, betont er.

Gescheitert sei das System letztendlich an der mangelnden Kommunikation zwischen Universität und Studierenden. „Viele Studierende wissen nicht einmal, dass das System wieder abgeschafft wird“, erklärt Kietzmann. Verantwortung trage aber nicht nur die Universität, sondern mitunter auch die Studierenden selbst. „Manche lesen ihre Prüfungsordnungen nicht einmal richtig durch“, erklärt er. Dennoch bedeute das nicht, dass die Universität besonders Erstsemester in ihrer Einführungsphase stärker an die Hand nehmen müsse, so Kietzmann. Um die Kommunikation innerhalb der Universität zu verbessern, sollten Studierende mehr Mitspracherecht bekommen, betont Kiezmann. „Oft ist die Studienmitwirkung nur eine Farce, um den Schein zu wahren“, kritisiert er. Die Stimme der Studierenden sei oft stark unterrepräsentiert.

Auch die neue Rahmenprüfungsordnung für das Belegpunktesystem werde ohne die Studierenden festgelegt, kritisiert AStA-Sprecher Blénessy. Deshalb steht er immer noch hinter der Klage. Trotzdem findet Grünewald, dass eine Klage einfach nicht mehr nötig sei. Wenn es nach den Studierendenvertretern gehe, würden diese am liebsten alle verbindlichen Limitationen aus dem Studium entfernt sehen, glaubt er. Es gebe aber bestimmte Anforderungen und Grenzen im Studium. „Der Streit mit den Studierendenvertretern wird deshalb nie ein Ende nehmen“, sagt Grünewald.

Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten vom 12.12.2008

Tamás Blénessy  [13. Dezember 2008]

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