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» presse/pressemitteilung/Berliner Senat widerspricht Brandenburgischem Wissenschaftsministerium



AStA der Universität Potsdam und brandenburgische GEW-Studierende fordern erneut Nachbesserungen bei der Novelle des brandenburgischen Hochschulgesetzes

Auf der kommenden Sitzung des Brandenburgischen Landtages soll die Novelle des Brandenburgischen Hochschulgesetzes ein zweites Mal beschlossen werden. Schon bei der ersten Abstimmung, die aufgrund einer peinlichen Panne in der Verwaltung wiederholt werden muss, haben SudierendenverttreterInnen aus dem ganzen Land protestiert, um auf bestehende Kritikpunkte hinzuweisen. Nun fordern der AStA und der Landesausschuss der Studentinnen und Studenten (LASS) in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Brandenburg die erneute Verschiebung der Gesetzesverabschiedung, um den Abgeordneten mehr Zeit zu geben, sich mit dem „richtigen“ Gesetzesentwurf und den geäußerten Bedenken auseinanderzusetzen.

Der AStA und der LASS der GEW Brandenburg erklären gemeinsam: „Wenn die Abgeordneten der Regierungskoalition um die CDU und SPD den Gesetzesentwurf gelesen hätten, der gegen den lauten Protest der Studierenden verabschiedet worden ist, wäre ihnen der Fehler möglicherweise aufgefallen. Die Landtagsverwaltung legte nun schon zum wiederholten Male einen falschen Gesetzesentwurf zur Abstimmung vor. Dies mag menschlich nachvollziehbar sein – dass die Abgeordneten den Entwurf jedoch nicht lesen, ist äußerst bedenklich.“

Konkret wenden sich Studierenden gegen die im Gesetz festgeschriebenen Bachelor-Master-Übergangshürden, Zwangsexmatrikulationen und den möglichen Demokratieabbau. Der AStA fordert weiter eine Orientierung an der Bachelor-Master-Übergangsregelung im Berliner Hochschulgesetz. Diese sieht vor, dass ein berufsqualifizierender Hochschulabschluss – in der Regel dass absolvierte Bachelor-Studium – zur Aufnahme eines Master-Studienganges in der selben Fachrichtung berechtigt.

„Anspruch und Wirklichkeit der Landesregierung klaffen beim Hochschulgesetz meilenweit auseinander. Hiermit wird nicht mehr Freiheit oder Autonomie gewagt, sondern demokratische Mitwirkungsrechte beschnitten, wenn nicht gar abgeschafft. Gerade wir Studierenden leisten wertvolle Gremienarbeit und arbeiten mit hohem Engagement an Verbesserungen der Zustände an den Hochschulen mit.“, erklärt Nadine Günther, Sprecherin des LASS der GEW Brandenburg. „Nicht nur die falsche Version, sondern ein falsches Hochschulgesetz wurde beschlossen. Zwangsexmatrikulationen werden Tür und Tor geöffnet und verschlechtern die oft schon prekären sozialen Realitäten der Studierenden in Brandenburg“, betont Janis Klusmann, ebenfalls Mitglied des LASS der GEW Brandenburg.

„Bei uns haben sich schon viele besorgte Studierende gemeldet, die wir leider nicht beruhigen können, dass die Hochschulen diese Verschärfungen nicht anwenden werden. Der Master-Zugang muss frei bleiben, sonst gehen hier viele Berufsperspektiven zwangsweise aus Gründen baden, die die Studierenden meist nicht zu vertreten haben“, erläutert AStA-Referent Sebastian Serafin, und weist auf Arbeitsüberlastung, soziale und organisatorische Probleme seitens der Universität hin: „Das Gesetz steht im völligen Widerspruch zum politischen Ziel, die Studierendenquote zu erhöhen und damit auch den Forschungs- und Wissenschaftsstandort Brandenburg zu stärken. Langfristige wissenschaftliche Perspektiven sehen anders aus!“

Die Brandenburgische Wissenschaftsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka (CDU) ging sogar so weit, öffentlich zu behaupten, dass Brandenburg diesen restriktiven Weg der Zulassungsbeschränkungen gehen muss, da die Berliner Regelung zu einer Verschlechterung der Hochschullandschaft in der Hauptstadt führe und man dies in Brandenburg vermeiden möchte.

Die Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur widerspricht dem verhement. Auf Anfrage des AStA der Universität Potsdam wird aus dem zuständigen Bereich des Senates verlautbart: „Wir sind nicht der Meinung, dass sich die Qualität aufgrund unser Regelung für die Übergangsregelung zum Master verschlechtert. Berliner Hochschulen sind nicht verpflichtet, Studieninhalte am Zugangsniveau zu orientieren. Sie können vielmehr ihre Standards nach ihrem Ermessen zugrunde legen. Der Vorteil der Berliner Regelung ist, dass die Hochschulen die Studierenden über die notwendigen Qualifikationen für einen konsekutiven bzw. weiterbildenden Masterstudiengang informieren können, anstatt vorher schon zu selektieren.“

Nachdem die Proteste der brandenburgischen Studierenden im November vor dem Landtagsgebäude und im Plenum das Augenmerk der Abgeordneten für ein paar Stunden auf kritische Passagen im Gesetz gelenkt haben, besteht nun die einmalige Chance doch noch auf die Adressaten des Gesetzes zu hören und eine übereilte Verabschiedung zu verzichten. Wie die Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses, Frau Dr. Martina Münch (SPD), im Oktober zu Protokoll gab, besteht nämlich „keinerlei Zeitdruck“.

„Neben dem Studium jobben, Kinder betreuen oder sich um die Pflege kranker Angehöriger kümmern, sind auch für brandenburgische Studierende keine Seltenheiten. Auch gesundheitliche Beeinträchtigungen haben durch die neuen Studienstrukturen zugenommen. Statt die Studienbedingungen zu verbessern, individualisiert das neue Hochschulgesetz jedoch das Problem der Überfüllung in vielen Lehrveranstaltungen und der Unterfinanzierung der Hochschulen. Durch eine fehlende bedarfsdeckende Studienfinanzierung sind viele dazu gezwungen, Studium und Lohnarbeit unter einen Hut zu bekommen. Hierdurch kommt es zwangsläufig zu Überschreitungen der Regelstudienzeit um einige Semester. Nach dem jetzt doch noch nicht verabschiedeten Gesetz droht diesen Studierenden zukünftig die Zwangsexmatrikulation. Was die Landtagsangeordneten mit Ausnahme der Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE beschließen wollten und wohl weiterhin beschließen wollen, ist dumm, unsozial und wendet sich klar und eindeutig gegen die Interessen der 40 000 Studierenden in unserem Land. Ein gutes Hochschulgesetz trägt eine andere Handschrift“, erklärt Malte Clausen, Geschäftsführer des bundesweiten Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren (ABS).

Tamás Blénessy  [16. Dezember 2008]

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