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» presse/presseschau/Rhetorischer Schlagabtausch an der Potsdamer Universität zum Gaza-Krieg



NAHOST: Düstere Prognosen, ratlose Gesichter

POTSDAM – Der israelische Raketenbeschuss auf den Gaza-Streifen ist seit gut einer Woche beendet, viele palästinensische Dörfer liegen in Schutt und Asche. Wie lange der Waffenstillstand dauern wird, ist ungewiss. Zu verfahren ist die politische Situation im Nahen Osten. MAZ-Korrespondent Ulrich Sahm und Ex-PLO-Mitglied Abdul-Rahman Alawi versuchten trotzdem eine Analyse der vertrackten Lage. In der Potsdamer Universität lieferten sie sich am Freitagabend einen rhetorischen Schlagabtausch. Asta-Referent Sebastian Serafin hatte die beiden Journalisten zu der Diskussion eingeladen.

Ulrich Sahm berichtet seit Mitte der 70er Jahre aus Jerusalem über den Nahost-Konflikt, eine friedliche Lösung hält er für problematisch. „Frieden ist für mich ein Tabuwort“, stellt er provokant zu Beginn der Diskussion in den Raum. „Im Nahen Osten kann er sicher nur eintreten, wenn entweder alle Israelis oder alle Araber verschwunden sind.“

Abdul-Rahman Alawi malt ein ähnlich düsteres Bild für die Zukunft: „Ich sehe nicht, dass beide Parteien in der Lage sind, Frieden zu schließen.“ Für den Palästinenser, der in einem kleinen Ort in Israel geboren wurde, später in Frankfurt am Main Politik studierte und heute Korrespondent der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa für Deutschland und Skandinavien ist, steht eines fest: „Der Krieg im Gaza-Streifen hat nichts gebracht. Außer Zerstörung.“ Alawis Stimme wird laut, als er dies sagt. Strategien für eine gewaltfreie Lösung hat er allerdings auch nicht.

Statt dessen beantwortet er die Fragen der Studierenden. „Wie wird sich die Situation im Nahen Osten bis Ende des Jahres entwickeln“, will beispielsweise ein Student wissen. Alawi überlegt kurz, dann antwortet er ausweichend: „Ich sehe keine Möglichkeit für eine Zwei-Staaten-Lösung. Denn bisher konnten keine eindeutigen Grenzen festgelegt werden.“ Ulrich Sahm beurteilt die politische Lage noch kritischer. „Die Situation ist zu festgefahren. Ich sehe nicht, wie da Bewegung reinkommen soll.“ Die Unterzeichnung eines Friedensvertrages sei zudem absurd. „Das nützt doch nichts, wenn die Hamas am nächsten Tag wieder Raketen abfeuert.“

Die weltweit herrschende Ratlosigkeit angesichts des Nahost-Konfliktes dominierte auch die Potsdamer Diskussionsrunde. So blieb den beiden Journalisten schließlich nichts weiter als die Formulierung einer gemeinsamen These: Die Mauer in den Köpfen – die müsse als Erstes verschwinden. Schon zu Beginn der Debatte hatten sie angekündigt: „Eine Lösung für den Konflikt können wir heute Abend sicher nicht liefern.“

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung vom 26.01.2009

Tamás Blénessy  [26. Januar 2009]

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