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Allgegenwärtig sind prekär Beschäftigte im Wissenschaftsbetrieb. Ob in der Bibliothek, in der Verwaltung, am Lehrstuhl, in Tutorien oder gar in der (grundständigen) Lehre – überall sind sie anzutreffen, wenngleich vielfältig und verschieden ausgeprägt. Ob als studentischer Beschäftigter, der sich ohne Tarifvertrag und personalrechtliche Vertretung von Kurzvertrag zu Kurzvertrag hangelt für meist nur etwas mehr als 8 Euro, oder als Promovierender mit einem ähnlich gestrickten Vertrag als „Wissenschaftliche Hilfskraft“ bzw. gar unabgesichert, sodass sie ihren Lebensunterhalt komplett jenseits der Hochschule verdienen müssen.

Aber vor allem viele gut ausgebildete Nachwuchswissenschaftler/innen werden prekär mit Lehraufträgen abgefunden, auf Dauer wahrlich keine Perspektive. Sie erbringen zudem ihre Dienstleistung ohne oder für eine dem tatsächlichen Aufwand und der Qualifikation keinesfalls gerecht werdende Vergütung. Gäbe es sie nicht, dann wäre in vielen Studiengängen Schicht im Schacht, wenn es darum geht, das notwendige Minimum an Lehrveranstaltungen anzubieten. In einigen Fächern kann nämlich nur durch Lehrbeauftragte, mitunter habilitiert mit dem Titel Privatdozent/in oder apl. Professor/in, die grundständige Lehre abgesichert werden. Wenn sie keine Vergütung bekommen, heißt das nicht, dass der Kurs „kostenlos“ ist – das ist er nur für die Uni und das Land, das nicht für eine ausreichende Ausfinanzierung sorgt, keinesfalls jedoch für den Dozierenden, der die Kosten für Fahrten, Lektüre, Krankenversicherung usw., Lebensunterhalt, Verdienstausfall etc. irgendwie selber schultern muss.

Schlechte Studienbedingungen, schlechte Arbeitsbedingungen und schwierige Karriereperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs bedingen einander. Gerne wird für klassische Verwaltungstätigkeiten oder für die Durchführung von Kursen, mithin „Lehre“, auch auf Studierende zurückgegriffen – sie sind billiger und schneller kündbar. Vieles lässt sich auf mangelnde staatliche Ausfinanzierung zurückführen, doch sind die Rahmenbedingungen, die Stellschrauben, an denen gedreht werden muss, um eine dringend nötige signifikante Verbesserung zu erreichen, vielfältig.

Dazu gab es eine offene Diskussionsveranstaltung am 16. Februar 2010, die der hiesige Kreisverband Uni Potsdam der GEW organisiert hat, von Studierendenseite unterstützt vom AStA-Referat für Sozialpolitik. Sie stand unter der provokanten Frage

„Exzellente Lehre zu Dumping-Bedingungen? Zur Situation der Lehrbeauftragten und anderer Prekärer im Wissenschaftsbetrieb“

Mehrere Betroffene – vorrangig von der Uni Potsdam, aber auch aus Berlin und Frankfurt/Oder – hatten sich zu Wort gemeldet. Neben ca. zwei Dutzend Lehrbeauftragten, Promovierenden bzw. betroffenen Dozierenden äußerten sich auch engagierte studentische Beschäftigte, die als Tutor/in arbeiten und de facto einen Kurs leiten (offiziell natürlich unter Aufsicht eines lehrberechtigten Dozierenden). Sie diskutierten u. a. mit Dr. Andreas Keller, dem Vorstandsbereichsleiter Hochschule und Forschung der GEW-Bund, und Vertreter/innen des AStA der Uni Potsdam und der GEW-Studis über bessere Alternativen und sammelten gemeinsam Ideen zu einem Wie-Weiter.

Enrico Schicketanz  [17. Februar 2010]

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