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» aktuelles/Redebeiträge vom Neujahrsempfang 2020



Liebe Alle,

eine Woche ist der Neujahrsempfang der Uni her, wir arbeiten die Geschehnisse auf, lassen Revue passieren und möchten hier als ersten Schritt auf den Wunsch eingehen, unsere Rede auch schriftlich zu veröffentlichen. Außerdem haben wir mit den Studierenden gesprochen, die den Protest gegen die Einladung der AfD organisiert haben – auch deren Rede wollen wir hier veröffentlichen.

Rede das AStA zum Neujahrsempfang 2020

Liebe Anwesende,

als Allgemeiner Studierendenausschuss der Universität Potsdam begrüßen wir Sie zum diesjährigen Neujahrsempfang und wünschen Ihnen – wenn auch verspätet – ein frohes Neues Jahr. Auch wir möchten die Gelegenheit nutzen um Rückschau zu halten und über Herausforderungen und Aufgaben zu informieren, die unsere Hochschule im neuen Jahr erwarten. Zunächst aber freuen wir uns Dr. Manja Schüle als neue Ministerin des MWFK begrüßen zu dürfen und hoffen nun auf eine bessere Zusammenarbeit mit dem Ministerium. Generell würden wir es begrüßen, wenn die Verantwortlichen in Stadt, Land und Uni zu Gesprächen mit uns bereit wären, denen natürlich auch Ergebnisse folgen sollten.

Heute sind es vor allem die Dinge die wir kritisch sehen, die nicht funktionieren und die andere Menschen benachteiligen, welche uns wichtig sind; denn grade diese finden sonst keine Erwähnung.

Beginnen wollen wir mit einem grundlegenden Problem, das wir derzeit in Potsdam und grade an dieser Uni haben, den „Altruismus“ von Mäzenen, der auch kritisch hinterfragt werden muss. Einen Milliardär der Tobsuchtsanfälle bekommt, wenn von Vermögenssteuer gesprochen wird und mit sofortiger Abwanderung droht, kann man schwerlich als Philantropen bezeichnen. So finanziert dieser zwar Lehreinrichtungen, aber vergisst dabei, dass auch die soziale Infrastruktur für neue Studienplätze bezahlt werden muss. Wer darauf verweist, dass dafür der Staat zuständig ist, muss auch bedenken, dass der Staat sein Geld durch Steuereinnahmen generiert und, dass mit dem Privatvermögen auch die gesellschaftliche Verantwortung wächst. Doch stimmen wir ihm in Teilen zu! – Nicht er ist dafür zuständig, dass Rahmenbedingungen für wachsende Studierendenzahlen geschaffen werden, sondern die öffentliche Hand. Diese muss sich ihrer Verantwortung jedoch bewusst sein und ihre Prioritäten am Gemeinwohl orientieren!

Leider rodet die Stadt Potsdam lieber Wald um einen SAP-Talentschuppen auszubauen, den normalsterbliche Studierende nicht einmal betreten dürfen, statt der Wohnungsnot beizukommen, die wir seit Jahren in Potsdam haben, durch die viele Neu-Immatrikulierte monatelang in Hostels wohnen müssen. Diese klassistische Baupolitik wird dazu führen, dass bald ausschließlich wohlhabende Menschen in Potsdam studieren können. Es freut uns zwar, dass im Koalitionsvertrag von einer, für Potsdam ca. doppelt so hohen, Wohnheimsquote die Rede ist, wir erinnern aber auch daran, dass niemand in Zahlen und Buchstaben leben kann! Damit das Studierendenwerk überhaupt von einer solchen Versorgungsquote „träumen“ kann, braucht es vor allem eine verbindliche Richtlinie zum studentischen Wohnen von Seiten des Landes. – Es muss zügig befähigt werden, bauen zu können!

Das leitet uns gleich zum nächsten großen Punkt über: Wie ist es möglich, dass Tesla in 2 Jahren seine Gigafactory fertigstellt und bei uns dauert alleine eine Genehmigung mehr als 10 Jahre?! Aber nicht nur für Wohnungsbauten, sondern auch für dringend nötige Einrichtungen wie die Mensa auf diesem Campus; deren zunehmende Überfüllung jahrelang ignoriert wurde, bis sie nicht mehr ignorieren werden konnte! Aber kleine Abhilfen werden nicht reichen, wenn ich derzeit nach 30 Minuten anstehen nicht mal mein Essen in der Hand halte, und die Schlange sich bis zum Eingang erstreckt. Auch hier muss endlich gebaut werden!

Doch der Hochschulbau gestaltet sich schwer, denn das Land versäumt es seit Jahren seinen Bau- und Liegenschaftsbetrieb zu erweitern, von welchem universitäre Baumaßnahmen nunmal abhängig sind. Wenn sie es schon nicht hinkriegen ihren maroden BLB zum Laufen zu bringen, dann erhöhen Sie doch bitte wenigstens die Grenze für Bauherreneigenschaft, sodass die Uni selbstständig bauen kann. Warum ist daskein Thema im Koalitionsvertrag, liebe Regierung?

Der handlungsunfähige BLB sorgt nicht nur bei den Mensen für Probleme: Das Gebäude für die Lehramtsausbildung am Campus Golm wird erst 2023 einzugsbereit sein, obwohl wir bereits in den nächsten 2 Jahren 2000 neue Studierende erwarten, davon zwei Drittel im Lehramt. Der Lehramtsausbau wurde vom Land gewollt und von der Hochschulleitung umgesetzt. Ausbaden müssen es aber die Studierenden, die die Folgen täglich zu spüren bekommen. Sowohl den Mangel an Raum als auch den Mangel an Betreuung. Das Land ist in der Pflicht die Uni in dieser Sache explizit und bestmöglich zu unterstützen, nicht nur zu fordern. Zwar erzählt ein Herr Günther der Potsdamer Neuen Nachrichten, dass an Qualität der Lehre nicht eingebüßt wird, verpflichtet dann aber seine wissenschaftlichen Angestellten, bis zu 18Lehrveranstaltungsstunden statt der bisher üblichen 8 zu leisten, was erfahrungsgemäß zu sinkender Qualität in der Lehre führt. Die Lehrenden geraten in ein Dilemma: entweder Einbußen bei der Betreuung der Studierenden und der Vor- und Nachbereitung ihrer Lehre, oder unbezahlte Überstunden leisten und somit Selbstausbeutung betreiben. Die Dozierenden sind doch jetzt schon maßlos überarbeitet! Wie kann die Landesregierung dabei so teilnahmslos zuschauen?

Die Lehre hat noch ein weiteres Leiden, nämlich in der Befristung von Stellen im akademischen Mittelbau. Allein in 2017 waren über 80% der Stellen befristet! Warum hat die Landesregierung den Vorschlag des Bundes abgelehnt, unbefristetes wissenschaftliches Personal als Kriterium für Mittelverteilung im Zukunftsvertrag, festzulegen, und es so den Hochschulen ermöglicht, ihre Personalpolitik ungeachtet weiter zu fahren? An der Bayreuther Erklärung sehn wir doch, dass diese kein Interesse daran haben, die Befristungssituation zu ändern. Es lässt sich nur hoffen, dass die Landesregierung ihre Position nochmal überdenkt und die Mittel des Zukunftsvertrags größtenteils in den Ausbau von Personal fließen lässt und nicht in andere Löcher, die es zu stopfen gilt. Ich darf an dieser Stelle darauf hinweisen, dass viele Wissenschaftler*innen zu Berliner Unis wechseln, weil sie dort unbefristet angestellt werden! Warum müssen sich Gewerkschaften, Studierende und Beschäftigte, wie grad heute um 12 Uhr, vor den Landtag stellen, um diesen Befristungwahnsinn anzuklagen?

Leider hören die Probleme hier nicht auf. Auch Diskriminierung und Benachteiligung bereiten genügend Schwierigkeiten auf unseren Campus.

Wir danken unserem Präsidenten, dass er endlich die Notwendigkeit großer Veränderungen an dieser Universität anerkennt. In einem Interview letzten Monat, sagte er: „Wir wissen, dass hierarchische Strukturen unterstützend wirken bei Gewaltanwendung und im Sinne einer Ursachenbekämpfung müssen wir daran arbeiten, die patriarchalischen Strukturen zu verändern“.

Wir begrüßen, dass sich in diesem Zuge endlich gegen ein Hissen der Flagge der problematischen Organisation „Terre des Femmes“ entschieden wurde, als erster Akt der Bemühung um mehr intersektionales Denken an unserer Hochschule.

Selbst wenn diese in ihrem Hochschulentwicklungsplan für 2019-23 erstmalig formuliert, dass „die Förderung von Chancengleichheit und Diversität (…) Teil des Selbstverständnisses der Universität Potsdam“ ist und damit anerkennt, dass der Hochschulalltag eben nicht in einem luftleeren Raum stattfindet, so sprechen bisherige Handlungen doch eine andere Sprache. Das in den Jahren zuvor als progressives Aushängeschild der Uni verwendete Refugee Teachers Program – für das die Uni lediglich Räume zur Verfügung gestellt hat – ist nicht mehr. In einem willkürlichen Akt wurde es vom Land zum Scheitern verurteilt. Von einer Hochschule, die sich Pro Chancengleichheit positioniert, sollte man doch erwarten können, dass sie sich für die Erhaltung dieses Programms einsetzt. Das aber nicht zu tun wirkt doch ein wenig scheinheilig. Fast so, als ob „Chancengleichheit und Diversität“ für die Universität Potsdam nur Worte auf einem Blatt Papier sind.
Ach, wenn sich doch nur durch Anerkennung von Chancenungleichheit durch Diskriminierung, eine Stelle manifestieren würde, die sich mit mehr als nur der Unterdrückung der westlichen Frau auseinandersetzt. Bspw. durch Einrichtung einer Antidiskriminierungsstabsstelle, ähnlich wie es eine solche auch beim Bund gibt. Aber nein, man schaut lieber weg um nicht die Blase der heilen Welt platzen zu lassen, in der man sich glaubt.

Wo wir grade bei Gleichheit sind: Wie rechtfertigen Sie, liebe Hochschulleitung, dass religiöse Mitglieder unserer Hochschule auf dem Flur beten müssen? Warum scheint es gradezu unmöglich, einen Raum zur Verfügung zu stellen, der allen Personen ein Rückzugsort auf dem Campus sein kann, betend oder nicht. Wir haben uns zum Thema Raum der Stille auf der Landeskonferenz der Studierendenvertretungen ausgetauscht. Obwohl es nicht eine negative Erfahrung gab, ist die Hochschulleitung nicht gewillt, gemeinsam den eingereichten Antrag für einen Raum der Stille anzugehen. Es wird nicht mal ein neutraler Diskurs geführt, sondern sich nur hinter vorgeschobenen „Besorgnissen“ versteckt, nichts weiter, als eine Maske für Rassismus. Am Beispiel der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde sehen wir, dass sich ein Raum der Stille auch bei Raumknappheit einrichten lässt. Sogar nachhaltig, in Form einer Jurte!

Nach Diskriminierung und Rassismus, reden wir nun über Rechtsextremismus, bzw. den mittlerweile angebrachteren Begriff: Protofaschismus. An unserer Universität sind Plakate der rechtsextremen Partei „Der 3. Weg“ aufgetaucht. Das jahrelang erarbeitete Konzept der Uni zum Umgang mit Rechts? Nicht vorhanden. Auch bei wiederkehrenden Vorkommnissen, redet Herr Günther weiterhin von „Einzelfällen“. Statt ein schlüssiges Konzept zu erstellen, werden die prekär bezahlten Securitas-Angestellten sensibilisiert. Eine öffentliche Erklärung gegen Rechts hält Herr Günther allerdings weiterhin für nicht nötig. Wenig verwunderlich, redet er doch auch davon, dass man sich im Rahmen des Neujahrsempfangs mit allen Parteien austauschen muss.

Schon häufig betonten Sie, Herr Günther, dass Sie die AfD privat nicht unterstützen, sich aber gezwungen fühlen, diese einzuladen. Daher freuen wir uns, dass Sie nun doch einem professionellen Gutachten gegen die AfD, nach dem Beispiel der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin, positiv gegenüberstehen. Wir hoffen, dass sich diese – der Gesellschaft gegenüber unverantwortliche – Situation, dadurch im nächsten Jahr vermeiden lässt. Wir erwarten von einer Uni, die sich in ihrem Gleichstellungszukunftskonzept, für ein größeres Bewusstsein bei Gender- und Diversitythemen ausspricht, sich klar gegen diese Vorstufe des Faschismus zu positionieren. Wenn Themen zu Diskriminierungserfahrungen jeglicher Art angegangen werden sollen, dann muss dies von der Hochschulleitung vorangetrieben werden.
Aber eine Partei einzuladen, die sich selbst zwar auf demokatische Prinzipien beruft, aber die Abschaffung unserer Demokratie, zusammen mit jeglichen Menschenrechten verfolgt, ist unverantwortlich.

Und wenn sie noch so demokratisch gewählt ist!

Oder denken Sie wirklich, dass rassistische, misogyne und xenophobe Ideologien mit den Artikeln 1 und 3 unseres Grundgesetzes vereinbar sind?
Der Glaube, im Angesicht der Unterdrückung neutral sein zu können und sich in einer vermeintlich unproblematischen Mitte positionieren zu können, ist gefährlich naiv.
Auch Schweigen ist Gewalt.


Rede der Studierenden der Protestaktion

Sehr geehrter Herr Günther, liebe Mitglieder der Universitätsgemeinde, sehr geehrte Gäste.

Warum wird die AfD zum Neujahrsempfang unserer Universität eingeladen?

Sie, Herr Günther haben uns in den letzten Jahren bereits eine Antwort auf diese Frage gegeben. Eine Antwort, die wir als Studierendenschaft nicht einfach hinnehmen können.

Als erstes aus Solidarität. Sie stellen ihre Entscheidung, die AfD einzuladen als folgenlos dar. Das ist der erste Fehler in ihrer Argumentation. Denn hier wird eine Partei salonfähig gemacht, die unsere Kommiliton*innen in übelster Weise Rassismus, Antisemitismus und anderen menschenverachtenden Feindlichkeiten aussetzt. In der Konsequenz können sich unsere Kommiliton*innen nicht mehr in gleichem Maße willkommen fühlen. Mit ihrer Einladung der AfD fühlen sich diese Menschen von ihnen ausgeladen, Herr Günther.

Zweitens basiert ihre Antwort auf der Annahme, dass eine prodemokratische Institution wie die Universität Potsdam die Verantwortung trägt, alle demokratisch gewählten Parteien einzuladen. Das ist aber eine Fehlannahme. Als prodemokratische Institution ist es unsere Verantwortung, alle demokratischen, demokratisch gewählten Parteien einzuladen. Das trifft auf die AfD nicht zu.

Die AfD ist antidemokratisch. Höcke selbst hat auf dem Kyffhäusertreffen 2018 AfDler*innen dazu aufgerufen, sich als „Wolf“ zu sehen. Damit zitierte er, wie der emeritierte Professor Hajo Funke gezeigt hat, eine Parole Goebbels. Ich zitiere: „Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir!“

Damit hat sich die AfD einmal mehr selbst als neonazistisch, demokratiefeindlich und alles andere als neutral oder gar freundschaftlich gestimmt gezeigt.

Und doch geht es bei dieser Veranstaltung genau darum: Wer heute Abend hier ist, soll sich als Freund*in der Universität Potsdam verdientermaßen wertgeschätzt fühlen.

Diese Veranstaltung ist eine Feierlichkeit. Ein Zusammentreffen für unsere Uni wichtiger Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Eine Gelegenheit zurückzublicken, gemeinsam Erfolge zu feiern und besondere Arbeit auszuzeichnen.

Damit kommen wir zu ihrem dritten Argument, wir müssten Diskurse mit der AfD führen. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, ob und wie wir mit Brandenburger Wähler*innen diskutieren sollen, deren Wut, Frust und gegen Minderheiten gerichtete Einstellungen von der AfD ausgenutzt werden. In Zeiten von Verschwörungstheorien ist die Umsetzbarkeit von argumentativen Debatten einerseits mehr als fragwürdig. Andererseits ist das Hauptargument vieler AfD-Forderungen die eigene Überlegenheit qua Geburt. Diese Behauptung müsste sich doch eigentlich mit der Frage entkräften lassen, was diese Leute eigentlich zu ihrer eigenen Geburt beigetragen haben. Inwiefern es z.B. ihr „Verdienst“ ist, in Deutschland geboren worden zu sein.

Gute Argumente sind aber heute Abend nicht der Anlass. Wir sind hier nicht auf einer Wissenschaftskonferenz nicht auf einem Kommissionstreffen und eben nicht auf einer Podiumsdiskussion.
Stattdessen ist dieser Neujahrsempfang ganz pragmatisch gesehen auch eine Gelegenheit, neue Netzwerke zu bilden und bestehende Zusammenarbeit zu festigen. Und diese Gelegenheit bieten Sie der AfD hier wortwörtlich zusammen mit Kanapees und Sekt auf dem Silbertablett an.

Dabei ist das völlig unnötig!

Ja, als Demokrat*innen müssen wir Wahlergebnisse akzeptieren. Und das tun wir, wir müssen akzeptieren, dass die AfD auch in diesem Jahr wieder im Brandenburger Landtag sitzt.

Bei der Frage des Aus- oder Einladen der AfD zu diesem Neujahrsempfang geht es aber vor allem konkret um die Frage, ob wir ein Wahlergebnis begrüßen, dass mit hetzerischen Parolen erzielt wurde. Ob wir die AfD willkommen heißen. Eine Partei also, die engste Verbindungen zu terroristischen rechten Gruppierungen unterhält.

Es geht hier um die Frage mit welcher Strategie wir einer solchen Partei begegnen.

Ihre Strategie des Schweigens ist gescheitert Herr Günther. Sie ist auch im Jahr 2019 wieder gescheitert. Das Problem rechter Gewalt lässt sich nicht wegschweigen. Das funktioniert nicht, wenn immer wieder gegen Menschen mobilisiert wird und Gewalt verherrlicht wird. Wie rechte Gewalt sich auch im Jahr 2019 gesteigert hat, möchte ich in einem Rückblick zeigen.

Im März 2019 griff in Christchurch ein Attentäter 2 Moscheen an und ermordete 51 Menschen. Der Attentäter hatte zuvor ein Pamphlet mit dem Titel „The Great Replacement“ – „Der große Austausch“ veröffentlicht. Dieses ist nicht nur in Titel deutlich angelehnt an den Band „Der große Austausch“ von Götz Kubitschek. Dessen Autor engen Kontakt mit Höcke hält. Und dessen Band inhaltlich die Marschrichtung der AfD maßgeblich bestimmt: So fordert die AfD ein Rückführungsprogramm von ca. 20% unserer Mitbürger*innen, den sogenannter „Kulturfremden“. Gegenüber diesen Menschen tragen wir als prodemokratische Institution eine symbolische Verantwortung der wir hier heute Abend nicht gerecht werden!

Insbesondere wenn der Brandenburger AfD-Abgeordnete Christoph Berndt Vorsitzender des Vereins „Zukunft Heimat“ ist, der die hetzerischer Theorie des „Großen Austausch“ ganz konkret vertritt.

Anfang Juni 2019 wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübke durch rechte Gewalttäter ermordet.

Auf ihren darauffolgenden Aufruf für eine offene Gesellschaft erhielt Henriette Reker eine Morddrohung.

Ende des Jahres wurde in Halle eine Synagoge angegriffen. Seitdem muss die Polizei auf dem Campus am Neuen Palais zum Schutz des Instituts für jüdische Theologie präsent sein.

In diesem Jahr 2020 sind wir nun schon an einem Punkt angekommen, an dem öffentliche Amtsträger*innen aus Angst vor rechter Gewalt eine Schusswaffe tragen möchten.

Und damit haben wir noch gar nicht über alle Einzefälle rechter Gewalt gesprochen, die sich in traurigen Statistiken wiederspiegeln.

An unserer Uni werden auch Geschichtswissenschaften betrieben. Wie lässt sich das mit der brandenburger AfD vereinbaren, an deren Spitze Andreas Kalbitz erneut einen den Holocaust verherrlichenden Film veröffentlicht hat? Wir dürfen nicht zulassen, dass Geschichtsforschung dermaßen untergraben wird.

Ähnliches gilt für die Klimafolgenforschung, wenn Alice Weidl von der AfD auch im letzten Jahr den menschengemachten Klimawandel wieder geleugnet hat.

Wenn wir langfristig ein attraktiver Wissenschaftsstandort sein wollen, müssen wir in Potsdam eine demokratische Umgebung für gute Forschung gewährleisten.

Wir müssen also endlich einsehen, dass das Schweigen nicht funktioniert hat. Stattdessen müssen wir die demokratischen Spielräume nutzen, die wir haben. Denn wir können uns solidarisieren. Wir können zeigen, ihr seid hier nicht willkommen und das hat Gründe. Wir müssen die Vielfalt an unserer Uni verteidigen.

Sehr geehrter Herr Günther, lassen Sie unsere Uni wieder ein prodemokratisches Vorbild sein. Wir fordern, endlich ein Gutachten zu erstellen, das nochmals zeigt, dass die AfD sich eben nicht mit den Grundsätzen der Uni Potsdam vereinbaren lässt. Und wir fordern, die AfD auf Grundlage dieses Ergebnisses im nächsten Jahr nicht wieder einzuladen.

 

Lisa-Marie Maliga  [22. Januar 2020]

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