Logo

» themen/offene uni/Rechtsextremismus an Schulen – Defizite im Lehramtsstudium



Die Kommunalwahlen in Brandenburg rücken näher, und damit verbunden wird das Thema Rechtsextremismus wieder verstärkt in den Fokus der öffentlichen Debatte rücken. Immerhin ist es nicht unwahrscheinlich, dass die NPD mit der Unterstützung lokaler sog. „Kameradschaften“ in viele Gemeindevertretungen und Stadträte einziehen wird.

Immer wieder wird in diesem Zusammenhang auch darüber diskutiert, mit welchen Strategien dem Rechtsextremismus erfolgreich entgegengewirkt werden kann. Erstaunlicherweise werden dabei zentrale Institutionen wie Schulen oder Sportvereine regelmäßig ausgeklammert. Das muss umso mehr verwundern, als dass diese Orte soziale Räume sind, die von den Rechtsextremisten explizit als Schlachtfelder für ihren „Kampf um die Köpfe und Kampf um die Strassen“ deklariert werden. Kern dieser Strategie ist, zivilgesellschaftliche Institutionen zu unterwandern, um sie für rechtsextreme Propaganda und Politik zu instrumentalisieren. Das führt auch dazu, dass Rechtsextremisten keineswegs immer offen auftreten und sich zu erkennen geben, sondern vermehrt dazu übergegangen sind, ihre Inhalte zu kodieren und sie so für Außenstehende zunächst unkenntlich zu machen. Dementsprechend scheitern Initiativen und Interventionsversuche oft schon daran, dass Rechtsextremisten nicht als solche erkannt werden. Hinzu kommt häufig eine gefährliche Unterschätzung der rechtsextremen Akteure, die längst nicht mehr nur dem Bild des tumben Skinheads entsprechen. Kameradschaften, rechtsextreme Stiftungen und die NPD bieten eine Vielzahl von ideologischen Schulungen an, in denen die Teilnehmer auch darauf eingestellt werden, ihre Parolen rhetorisch offensiv vorzutragen. Jugendliche sind dabei die zentrale Zielgruppe der rechten Agitatoren. Gezielt wird in Schülerzeitungen Werbung gemacht und mit der kostenlosen Verteilung von „Schulhof-CDs“ versucht, niedrigschwellig einen Einstieg in die rechte Szene zu ermöglichen. Vor allem Schulen stehen dabei im Fokus der rechtsextremen Aktivitäten.

Angesichts dieser Gemengelage erstaunt es sehr, dass Themen wie Intervention und Prävention in der LehrerInnenausbildung mehr als stiefmütterlich behandelt werden. Dabei kann den Lehramtsstudierenden kein Vorwurf gemacht werden. Die Bereitschaft sich mit dem Thema auseinanderzusetzen ist da. Was fehlt sind entsprechende Angebote seitens der Universität, die das nötige Hintergrundwissen vermitteln und die nötigen psychologischen und rhetorischen Kompetenzen trainieren, um später im Schulalltag angesichts rechtsextremer Schüler und bestimmter Konfliktsituationen nicht völlig hilflos zu sein. Damit verbunden sein sollte auch eine Reflektion darüber, welches Verständnis des LehrerInnenberufs und des Raumes Schule vermittelt wird. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Schule als Ort parteipolitischer Neutralität viel zu oft mit einem „unpolitischen Ort“ verwechselt wird. Daraus resultiert zu oft eine gleichgültige Einstellung gegenüber rechtsextremen Schülern, denen der fehlende Widerspruch nur das Gefühl von Akzeptanz vermitteln kann. Einzig eine klare und offensiv vorgetragene Wertbindung an grundlegende Normen einer offenen und demokratischen Gesellschaft als Folge der Vermittlung praktischer Kompetenzen an die Lehramtsstudierenden wird es langfristig ermöglichen, den Versuchen von Rechtsextremisten, Jugendliche zu rekrutieren, auch und gerade an Schulen wirkungsvoll entgegenzutreten.

André Keil

Das nächste Seminar zu Handlungsstrategien gegen Rechtsextremismus findet am 26./27. April 2008 im [ ] Kuze statt. Infos gibt es hier.

Norbert Müller  [10. April 2008]

« zurück zur letzen Seite | zum Seitenanfang